»Die Welt betrachtet ohne Augenlider« ist ein Beitrag zur Sozial geschichtsschreibung der
Literatur sowie der Geschlechter- und Feminismusforschung. Im Zuge der Auseinandersetzung mit
Leben und Werk der Satirikerin und aktiven DKP-Kommunistin Gisela Elsner (1939-1992) entsteht
ein Panorama der bundesrepublikanischen Linken zwischen »68« und der »Wende«. Im Zentrum steht
die Frage nach der Entwicklung sozialistischer kommunistischer Positionen in der
bundesrepublikanischen Linken. Anhand der Rolle Elsners als kommunistischer »BRD-Autorin«
arbeitet das Buch zudem das deutsch-deutsche Verhältnis als grundlegendes Strukturelement von
Öffentlichkeit und Politik der alten Bundesrepublik heraus. In der Auseinandersetzung mit dem
schriftstellerischen und poli tischen Werk von Gisela Elsner wird die ambivalente Prägung der
bundesrepublikanischen Gesellschaft durch das Phänomen »1968« erkennbar: als widersprüchlicher
Prozess sozialer Liberalisierung einerseits und neoliberaler Modernisierung andererseits. Zudem
ist Elsners Werk durchzogen von der umfassenden Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus - von
der Auseinandersetzung mit ihrem Nürnberger Elternhaus über Nazi-Kontinuitäten bis hin zur
nationalistischen Mobilmachung der späten 80er Jahre. Insofern kann der Band auch als
Vorgeschichte der politischen Rechtsentwicklung unserer Gegenwart gelesen werden.