Warum radikalisieren sich Jugendliche die weder aus besonders schwierigen Verhältnissen
stammen noch als ungewöhnlich religiös bekannt waren innerhalb kürzester Zeit zu
gewaltbereiten Islamisten und wollen fortan in Syrien oder hierzulande in den Dschihad ziehen?
Warum gelingt es islamischen Fundamentalisten weltweit so leicht moderate Muslime unter Druck
zu setzen weil sie nicht islamisch genug seien? Fethi Benslama der 15 Jahre in der Pariser
Vorstadt mit radikalisierten Jugendlichen gearbeitet hat zeigt in seinem wegweisenden Essay
dass weder theologische noch soziologische Erklärungsansätze ausreichen sondern psychologisch
gefragt werden muss welchen seelischen Gewinn die Einzelnen aus der islamistischen
Radikalisierung ziehen: Nur wenn wir begreifen welcher bis zur Tötung von anderen und sich
selbst treibende Genuss die Täter motiviert lassen sich Gegenmittel finden. Benslama
demonstriert eindrucksvoll die Aufklärungskraft der Psychoanalyse und zeigt wie sich inden
muslimischen Gemeinschaften das Ideal des Übermuslims etablieren konnte dem man bis zur
völligen Aufopferung nacheifern muss. Er zeigt aber auch warum die bloße Deradikalisierung die
zugrunde liegenden Probleme nicht beseitigen wird und schlägt andere Lösungsansätze zur
Überwindung des Übermuslims vor. Überraschenderweise gibt ihm dafür gerade der Blick auf den
von vielen als gescheitert betrachteten 'Arabischen Frühling' Anlass zu einer optimistischen
Perspektive.