Im Jahr 1930 setzten viele Künstler der Moderne ihre Erschütterungen ins Bild noch bevor sie
diese begriffen in Begriffe hätten fassen können. In vier Essays fragt Marie Luise Knott mit
einer der damaligen Lage entsprechenden Dringlichkeit welche neuartigen Erosionslandschaften
die vier Künstler Erwin Piscator Karl Wolfskehl Bertolt Brecht und Paul Klee in diesem Jahr
durchmaßen - damals als Piscators elektrisierendem Theater das Licht ausging als Wolfskehls
geheimes Deutschland zerstob als Bertolt Brecht der Gesellschaft in der sich radikalisierenden
Welt der Straßenaufmärsche und Saalschlachten den Spiegel vorhielt. Und als Paul Klee sich
selbst aus seiner Kunst vertrieb. Nach wie vor beunruhigt die Frage wie es geschehen konnte
dass der Sieg der Nationalsozialisten 1933 so beschämend einfach war. Die Frage beunruhigt umso
mehr angesichts der heutigen Krisen die so oft vermeintliche Parallelen zu der Zeit vor dem
Ende der Weimarer Republik wachrufen. Was gaben die Künstler damals verloren? Was ließen sie
sein weil es so wie es war nicht weiter ging? Und: lassen sich mit dem Blick von heute Momente
rekonstruieren in denen 1930 Neues seinen Ausgang nahm? Indem man die Vergangenheit neu
zerlegt zerlegt man auch die Gegenwart und macht die Zukunft wieder zu dem was sie ist:
rätselhaft unerwartet unvernünftig.