»Wenn ich das Wort Sizilien ausspreche bin ich bestürzt über die phonetische Wirkung da gibt
es dreimal das flammenzüngige I da ist das scharfe zischende S das Z. In diesem Wort lebt
nichts Verträumtes Romantisches da ist alles hart hell und klar.« Hanns Cibulka Als Hanns
Cibulka das erste Mal seinen Fuß auf die sizilianische Insel setzt hat er - die Worte Seumes
und Goethes im Kopf - das Gefühl in eine uralte Heimat zurückzukehren. Doch ist es keine Grand
Tour die ihn hierherführt sondern der Krieg und er ist kein Dichter sondern ein
Nachrichtensoldat der Wehrmacht. In einem verrotteten Gehöft hinter einem Olivenhain bezieht
seine Regimentsvermittlung Quartier legt Funkkabel repariert Leitungen schließt Fernsprecher
an und überzieht das Land mit einem Gewirr von Drähten das sich über viele Quadratkilometer
wie ein Nervensystem über die Insel ausbreitet. Nachts nisten sich die Nachrichtensoldaten in
die Gespräche der Offiziere ein und hören Funksprüche ab. »Es ist nicht mein Krieg der hier
geführt wird« sagt der 22-jährige Cibulka den es aus der mährischen Heimat nach Sizilien
verschlagen hat. Mit dem Feldstecher kann er die Rauchfahne des Ätnas erspähen und sich die von
Mythen und vielen Herrschaftswechseln geprägte Geschichte Siziliens vergegenwärtigen -
Eindrücke vermischen sich mit Vorstellungen Erlebtes mit Gelesenem. Nüchtern und eindringlich
zugleich beschreibt Cibulka in »Nachtwache« den ereignisarmen doch stets bedrohlichen
Kriegsalltag in dem die beständigen Anflüge der Jagdbomber ebenso lebendig werden wie die
staubige schattenarme Landschaft Siziliens mit ihren verkarsteten Bergen und der bleiernen
Hitze der Luft.