Nicht selten haben technische Neuerungen in der Menschheitsgeschichte Epochenbrüche verursacht.
Hatten sich in einem alten System unbeachtete Kräfte aufgestaut dann genügte oft ein einzelner
Auslöser um ihre Veränderungsenergie für sehr weitreichende Umbrüche wirkmächtig werden zu
lassen. Aus heutiger Sicht spricht vieles dafür dass der Aufruf zur globalen
Pandemiebekämpfung im März 2020 ein Augenblick war in dessen Folge zuvor noch unterschätzte
Effekte insbesondere der Digitalisierung sich endgültig Bahn brachen. Menschliches Interagieren
wird sich insgesamt wesentlich ändern. Der jetzt beginnende historische Abschnitt dürfte
namentlich eine rund dreißigjährige Phase des Postkommunismus beenden. Dafür spricht dass sich
weltweit unübersehbar koordinierte Akteure anschicken ein neues Kapitel der Menschheit
planvoll zu gestalten. Die allgegenwärtigen strukturellen Verwerfungen des Jahres 2020 mussten
zwangsläufig auch das deutsche Verfassungsrecht erfassen. Im Ausnahmezustand der kollektiven
Gefahrenabwehr erlebte seine gewaltengeteilte Staatsorganisation dabei ihre dunkelste Stunde.
Und selbst der Judikative geriet das vormals eherne Verhältnismäßigkeitsprinzip als Grenze
aller Grundrechtsverkürzungen aus dem Blick. Die Idee Modernisierungsvorschläge für die
deutsche Staatsverfassung just in dem Moment vorzulegen in dem sich Kräfte zu ihrer
Dekonstruktion besonders geballt sammeln scheint auf den ersten Blick eher abwegig.
Historische Empirie zeigt indes dass große Sprünge und Umbrüche umso wahrscheinlicher
fehlgehen je ambitionierter ihre Planung ausgefallen war. Die Fortbildungs- und
Verbesserungsvorschläge für ein »Grundgesetz 2030« sind daher eine Art behutsame
Sorgfaltsmaßnahme um auch für eine etwaige konstitutionelle Sanierung im Kleinen gewappnet zu
sein. Denn sollte der Plan einer unitären Weltregierung scheitern gälte es wohl eine
verfassungsrechtliche Erfolgsgeschichte von fast 72 Jahren - mit nun allerdings mehr Resilienz
- fortzuschreiben.