Als sich in den 1890er Jahren in Berlin die ersten national-jüdischen Vereine gründeten
begeisterten sich nur wenige deutsche Juden für zionistische Ideen. Einer der dies früh tat
war Theodor Zlocisti (1874-1943). Als Kind einer aus Russland stammenden Familie in Ostpreußen
geboren wuchs Zlocisti im Berliner Scheunenviertel auf.Hier verlebte er seine Kindheit
zwischen verschiedenen Welten: dem proletarischen Umfeld im Berliner Nord-Osten der
traditionell-orthodoxen Ausrichtung des Elternhauses dem Einfluss osteuropäisch-jüdischer
Kultur aber auch dem Aufstiegs- und Integrationsstreben der Familie in Deutschland. Noch als
Schüler schloss er sich einem zionistischen Verein an und gehörte zu den Protagonisten der
Bewegung im deutschen Kaiserreich. 1920 emigrierte er als einer der ersten deutschen Zionisten
nach Palästina und ließ sich in Tel Aviv nieder.Auf den ersten Blick scheint Zlocistis
Biografie damit geradezu linear verlaufen zu sein: Ein junger Jude der Zionist wird und aus
dem antisemitischen Europa nach Palästina auswandert. Doch diese teleologische Linie trügt und
verdeckt die Widersprüche die sein Leben kennzeichneten. Im Mittelpunkt des Buches stehen
deshalb multiple Zugehörigkeiten: Denn Zlocistis Leben war davon geprägt dass er sich
verschiedenen teils widersprechenden Ideen und Gruppen zugehörig fühlte. Schon seine
Zeitgenossen hatten deshalb Probleme ihn einzuordnen. Sein Zionismus ging zudem nicht einfach
mit einer Abgrenzung von der nicht-jüdischen Umwelt einher. Zlocisti sah sich vielmehr
zeitlebens der deutschen Kultur verbunden - auch nach seiner Auswanderung. Diesen oft
widersprüchlichen Wegen spürt die Biografie nach. Sie gewährt damit Einblicke in die
Positionierungsmöglichkeiten deutscher Zionisten jenseits teleologischer
Nationalgeschichtsschreibung und hilft den deutschen Zionismus als ambivalentes und mit seiner
deutschen Umwelt verwobenes Phänomen zu verstehen.