Die Wanderungen von Tieren werden seit der Antike erforscht diskutiert mystifiziert und
künstlerisch reflektiert. Bei der Hinwendung zu migrierenden Tieren geht es in vielen Fällen
aber nicht allein um die Frage wie und warum bestimmte Tierarten zwischen verschiedenen
Habitaten wandern. Vielmehr berührt die Beschäftigung mit Tieren auf Wanderschaft auch Themen
die der kulturwissenschaftlichen Exil- und Migrationsforschung nahestehen. Tiere können
krisenhaft von Vertreibungen betroffen und gezwungen sein neue Lebensräume aufzusuchen. Einige
Tiere fliehen indes auch mit Menschen und richten sich mit ihnen im Exil ein. Tierliche
Migration betrifft aber auch die Fälle in denen (tote) Tiere über räumliche und imaginäre
Grenzen hinweg transportiert und außerhalb ihres bisherigen Lebensraums angesiedelt und
funktionalisiert werden. Nicht zuletzt wird mit Tierwanderungen auf vielfältige Art und Weise
Politik gemacht: Vorstellungen von 'Heimat' und 'Exotik' 'Identität' und 'Indigenität' werden
ausgehend von tierlicher Migration entwickelt die Darstellung von 'einheimischen' und
'invasiven' Arten wiederum ist häufig von Rassismen und xenophoben Rhetoriken durchzogen. Die
Beiträge der neuen Ausgabe von Tierstudien widmen sich ausgehend von einem weiten
Migrationsbegriff diesen komplexen Zusammenhängen. Sie beleuchten die Ursachen Formen und
Effekte tierlicher Migration und analysieren die Narrative und ästhetischen Modelle die Tiere
und Migration miteinander in Beziehung setzen. Das Spektrum der Beiträge ist dabei disziplinär
ebenso breit gefächert wie der zeitliche Kontext: Von theologischen Reflexionen zu
Tierwanderungen in der Bibel über sozialwissenschaftliche Blickpunkte auf den transnationalen
Auslandstierschutz bis hin zu kunst- und literaturwissenschaftlichen Beiträgen zu Tiermigration
bei Doug Aitken und Anna Seghers können die Leser*innen einen fundierten Einblick in die
speziesübergreifenden Verflechtungen und Herausforderungen erhalten die sich mit dem Thema
Tiere und Migration verbinden.