Was ist Zeit wenn sie nicht linear progressiv und synchron verläuft? Angesichts gegenwärtiger
und vergangener Krisen ist das Modell der einen Zeit vielfach in die Kritik geraten.
Insbesondere in den szenischen Künsten findet in den letzten Jahren eine rege
Auseinandersetzung damit statt wie sehr Zeit als Ressource (koloniale) Infrastruktur und
gelebte Erfahrung historische und gegenwärtige Herrschaftsverhältnisse strukturiert aber eben
auch welche anderen Zeitlichkeitsentwürfe dem entgegengesetzt werden können. Im
Spannungsfeld von Philosophie Theater- Medien- und Kulturwissenschaft geht Julia Schade den
historischen und gegenwärtigen Implikationen dessen nach was in der westlichen Moderne als
Zeit' definiert und was davon ausgeschlossen wird. Im Fokus stehen dabei eben jene
widerständigen Zeitlichkeiten in Theorie Performance und Kunst die sich der Vorstellung einer
homogen messbaren Zeit nicht fügen. Durch ihre Methode eines Denkens im Material' zeigt
die Autorin wie in Arbeiten des südafrikanischen Künstlers William Kentridge des
libanesischen Theatermachers Rabih Mroué des Frankfurter Kollektivs andpartnersincrime sowie
der Berliner Performancekünstlerin Eva Meyer-Keller (de)koloniale postapokalyptische
traumatische spekulative (queer)feministische sowie postanthropozentrische Zeitlichkeiten
entworfen werden. Unzeit verhandelt damit zum einen Figurationen der Unterbrechung des
Ereignisses und der Zäsur wie sie durch poststrukturalistische Ansätze in Bezug auf ein Denken
nach der Shoah geprägt und gegenwärtig durch Denker*innen aus dem Kontext der Black Studies und
des Black Feminism weitergedacht werden die auf die Zeitlichkeit des Nachlebens der Sklaverei
und des Kolonialismus fokussieren. Zum anderen nimmt Julia Schade relationale Modelle in den
Blick welche die Verschränkungen eines Mehr-als-Menschlichen zu denken versuchen.