Die Termini Gegenwartsliteratur und Gegenwartsfilm denen in der Literaturvermittlung im
Ausland besondere Bedeutung zukommt bedürfen mit Blick auf die jüngste Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland einer entschiedenen Differenzierung. Der Fall der Mauer 1989 führte
zu einem Paradigmenwechsel der nicht nur die Politik sondern auch alle Formen kultureller
Produktion veränderte. Durch Globalisierung weltweite Migration und Flüchtlingsströme gewinnt
dieser fortgesetzte Transformationsprozess zusätzliche Dynamik. Die Gegenwartsliteratur lässt
sich von daher als Vielfalt von Literaturen der Gegenwartsfilm als breitgefächertes Angebot
von Filmproduktionen verstehen. Beide Medien setzen sich auf komplexe Weise mit
Alteritätserfahrungen und Grenzüberschreitungen auseinander.Die im Band versammelten Beiträge
folgen diesen Überlegungen unter vier Aspekten: Erstens beschreiben sie in Literatur und Film
eine neue Sicht auf die deutsche Geschichte. Diese verdankt sich wesentlich den Erfahrungen
kultureller Differenzen im Zuge von Wiedervereinigung und fortgesetzter Immigration. Zweitens
wenden sich Aufsätze der geteilten Vergangenheit der neuen Bundesrepublik zu. Dabei rücken
nicht allein die gesellschaftspolitische Realität der ehemaligen DDR und ihre soziokulturelle
Besonderheit in den Fokus des Interesses sondern auch die unterschiedlichen ästhetischen
Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland. Drittens untersuchen hier publizierte Artikel die in
der Literatur und im Film entfalteten kulturdifferenten Erfahrungen deutscher Gegenwart. Gerade
weil sich das wiedervereinte Deutschland zunehmend als Einwanderungsland versteht rücken die
Folgen von Migration unter neuem Blickwinkel ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Zudem geben
literarische Texte und Filme von Autoren und Regisseuren die aus anderen Ländern und
Kulturkreisen wie auch aus ehemals deutschen Gebieten immigriert sind der Literatur und dem
Film in Deutschland ein neues teilweise mehrsprachiges Gepräge. Viertens beschreiben Beiträge
im vorliegenden Band ästhetische Innovationen die den Anschluss an transkulturelle
Schreibstrategien und ästhetische Konzepte suchen. Wie sich dabei herausstellt werden Entwürfe
der traditionellen literarischen Moderne im Kontext einer postmodernen Konstellation
reaktiviert. Dem Medium Film und seiner Interaktion mit dem der Schrift kommt dabei besondere
Bedeutung zu.Die hier vorgelegten Beiträge sind erweiterte Fassungen von Vorträgen die auf dem
Kongress der lateinamerikanischen Germanisten in Curitiba (Brasilien) im Oktober 2014
diskutiert wurden.