»Der gemeinsame Stoff aus dem alle Strukturen bestehen ist das Sichtbare«. Die
Geltungsansprüche soziokultureller Sinnstrukturen setzen stets eine offene Generalität der
Körper ihrer Grammatik und ihrer sensomotorischen Korrelationsmatrices voraus. Sprache
Kommunikation und Gesellschaft bleiben körpergebunden und sind daher nicht als Systeme sondern
nur als Felder sozialer Praxis mit Reichweiten Anonymitätszonen und Horizonten versteh- und
analysierbar. Diese Thesen im Zusammenhang einer Revision der soziologischen Lektüre des Werkes
von Merleau-Ponty zu konkretisieren ist das Anliegen des Buches.Bis heute wird übersehen dass
dieser bereits in den 1950er Jahren die Transformation eines romantischen in ein strukturales
Körperkonzept vollzog. Dieses Programm lässt sich auch als vorweggenommene Kritik eines
Konzepts (deutscher) »Leiblichkeit« lesen das mittlerweile Eingang in die Soziologie gefunden
hat und mit dem Namen Hermann Schmitz verknüpft ist.Interessant ist die Linie zu den aktuellen
soziologischen Praxistheorien. Pierre Bourdieu konnte wesentliche Elemente seines
praxeologischen Ansatzes den Vorlesungen Merleau-Pontys entnehmen allerdings bleibt dieser
Einfluss und mit ihm die Brüche in Merleau-Pontys Denken unterreflektiert. Das erklärt das
Nebeneinander von romantischem Körperkonzept und strukturalistischem Vokabular in Bourdieus
Praxistheorie das bis in die heutige soziologische Theoriediskussion nachwirkt.Die vorliegende
Studie entdeckt Merleau-Ponty als Kritiker eines romantischen Körperkonzepts als Cartesianer
gegen den Strich als Gedächtnis- Sprach- und Strukturtheoretiker neu. Seine Vorlesungen der
1950er Jahre hinterfragen Grenzziehungen der »Menschenwissenschaften« (Elias) und eröffnen
Perspektiven eines interdisziplinären Verständnisses von Natur Kultur und sozialer Struktur
jenseits von Naturalismus Kulturalismus und Strukturalismus.