Als ich um die Jahrtausendwende zu »Spektrum der Wissenschaft« kam war das Kürzel KI in aller
Munde. »Künstliche Intelligenz« zierte manchen Zeitschriftentitel KI-Forscher verhießen uns
eine glorreiche Zukunft. Schließlich war der Supercomputer »Deep Blue« gerade erst
Schachwelt-meister geworden so dass es nicht mehr lange dauern sollte bis uns selbst-ständig
handelnde Maschinen zwar nicht gleich das Denken aber doch viel Arbeit abnehmen würden. Doch
vieles klang damals eher nach Fiction als nach Science. Wer aus Jux die neuen
Übersetzungsmaschinen des Internets mit einem englischen Songtext fütterte hatte auf jeder
Party die Lacher auf seiner Seite. Offensichtlich war die künstliche Intelligenz doch nicht so
schlau. Dann wurde es um das Thema verdächtig ruhig. Bis 2016 dem Auftritt von AlphaGo. Das
Programm hatte den menschlichen Weltmeister beim Go geschlagen. Das asiatische Brettspiel wirkt
auf den ersten Blick im Vergleich zum Schach simpel hat es aber dank enormer Zug¬möglichkeiten
in sich. Im Gegensatz zu Deep Blue dessen Leistung schlicht auf schierer Rechenkraft beruhte
verdankte AlphaGo seinen Sieg einer Eigen¬schaft die man Computern eher nicht zutraut:
Intuition (siehe S. 38). Damit hatte die KI bewiesen was in ihr steckt. So genannte neuronale
Netze unterscheiden sich zwar immer noch grundlegend vom biologischen Vorbild dem menschlichen
Gehirn doch beginnend mit der Bilderkennung leisten sie auch in anderen Bereichen mittlerweile
Erstaunliches wie der KI-Spezialist Christoph Angerer ab S. 6 beschreibt. Besonders
überraschend: Die Maschinen lernen das Lernen (siehe S. 24). Inzwischen lacht niemand mehr über
ihre Übersetzungskunst und sogar in der Pflege werden schon schlaue Roboter eingesetzt wie
Sie in unserer beiliegenden Sonderpublikation nachlesen können. Doch manche uns simpel
erscheinende Aufgabe fällt den Apparaten immer noch schwer etwa das Laufen auf zwei Beinen (S.
50). Ethische Fragen warten ebenfalls auf eine Antwort mahnen die Computerwissenschaftler
Gordon Briggs und Matthias Scheutz ab S. 68. Wie verhindert man beispielsweise dass ein
selbstständig agierender Roboter Schaden anrichtet? Und wenn es nach dem Informatiker Judea
Pearl geht steckt die KI-Forschung sogar in einer grundsätzlichen Krise (S. 45). Andreas Jahn
Redaktion Spektrum der Wissenschaft