Betrieb und Kollektiv: zwei wesentliche Einrichtungen der DDR-Gesellschaft. Über
Arbeitskollektive bzw. Brigaden wurden die Menschen in den sozialistischen Staat integriert und
zudem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in die Pflicht genommen. Die Mitgliedschaft galt
als selbstverständlicher Bestandteil des Alltagslebens - als Schutzraum ebenso wie als Ort der
Kontrolle und Disziplinierung. Nach dem Ende der DDR und den gesellschaftlichen Verwerfungen
die der Systemwechsel mit sich brachte verschob sich für viele ehemalige Mitglieder die
Bedeutung ihrer Brigaden: Sie symbolisierten nun vornehmlich verlorene Werte wie sozialen
Zusammenhalt und Kollegialität. Der repressive Aspekt hingegen spielte in der Erinnerung kaum
eine Rolle. Die Studie untersucht Deutungen des kollektivierten Alltags vor dem Hintergrund der
Transformationsprozesse seit 1989 90. Am Beispiel unterschiedlicher Kollektive werden
vielfältige Alltagserfahrungen ihrer Mitglieder deutlich. Über die Verschränkung disparater
Quellengattungen gelingt eine Annäherung an die Innenperspektive der DDR-Arbeitswelt.
Brigadetagebücher die als Gruppenchroniken geführt wurden und sich danach zu wertvollen
Erinnerungsdokumenten wandelten werden mit Interviews ehemaliger Betriebsangehöriger verknüpft
sodass eine dichte Beschreibung des Kollektivs und seiner Dynamiken im Wandel der Zeit
entsteht.