Was für die einen seit jeher irgendwie vertraut daherkommt ist den meisten Menschen inzwischen
total fremd: die Sprache der Kirche. Andreas Malessa ist nicht nur Autor und Hörfunkjournalist
er predigt bisweilen sonntags von der Kanzel und kennt die fromme Welt seit Jahrzehnten bis ins
Detail. Wortgewandt nimmt er den Kirchensprech auseinander. Kreist um wohlfeile aber nahezu
unverständliche Formulierungen leuchtet in die Tiefen kirchlicher Tradition und fördert dabei
auch den einen oder anderen Sprachschatz zutage. Spießt sperrige Begrifflichkeiten und
neudeutsche Worthülsen auf führt genüsslich vor Augen wie absurd manches ist. Inspirierende
Notizen zu diskriminierungsfreier und geschlechtergerechter Sprache inklusive. Was sich liebt
das neckt sich sagt Andreas Malessa. Und: Kaum zu glauben die Kirche meint's ernst. ***
Kostprobe gefällig? Raubkatzen in Afrika riechen wessen Revier sie gerade durchwandern.
Christen hören zu welchem spirituellen Claim und Clan einer gehört. Wir schließen Sie in
unsere Gebete ein sagen Katholiken. Wir wollen in der Fürbitte für Sie vor Gott treten sagen
Protestanten. Wir werden Sie umbeten sagen Evangelikale und betonen es auf der zweiten Silbe.
Wie um-zingeln oder um-ringen. Nicht wie umhauen. Den werde ich mal ordentlich ist Gebet nehmen
sagen Vorgesetzte Eltern Lehrer und Autoritätspersonen jeglichen Glaubens. Das ist eine
Drohung kommt sprachgeschichtlich gar nicht von Gebet sondern von Gebiss und wird auf
ordentlich betont. Jemanden mal ordentlich ins Gebet nehmen. Manche Redewendungen sind in
unsere Umgangssprache gedrungen und werden dort außerhalb jeglicher Religiosität sofort
verstanden. Ohne Anstoß zu erregen: Martin Luther erfand 1522 zum Beispiel Jemandem die Leviten
lesen aus dem Herzen keine Mördergrube machen sein Scherflein beitragen Perlen nicht vor die
Säue werfen sein Licht nicht unter den Scheffel stellen keine Mätzchen machen als Lückenbüßer
herhalten jemanden zum Sündenbock machen die Hände in Unschuld waschen - alles Bibel. Alles
Luther. Kein einziges Sprichwort aber verwendet jene Begriffe die man im Sprachgebrauch
pfingstlich-charismatischer Freikirchen antrifft. Öl des Heils Salbung Sieg drüber
Weissagung empfangen ein Bild haben Land einnehmen Fülle erleben - alles zwar metaphorisch
übertragen gemeinte aber unübersetzt gesprochene Worte aus der Bibel. Wortverwendungen die
nicht auf 500 Jahre allgemeines Verständnis setzen können. Und deshalb nichts weiter bewirken
als konfessionelle Duftmarken zu setzen.