»Nullpunkt« - das bezeichnet die Demarkationslinie die wie ein Schnitt durch die Ostukraine
verläuft und die ukrainische Armee von separatistischen Kämpfern aus dem Gebiet der
abtrünnigen Kreml-hörigen sogenannten »Volksrepubliken« trennt. Daß auf unserem Kontinent
Kriegszustand herrschte lag bisher außerhalb der Wahrnehmung der meisten Europäer die
Bedrohung nur theoretisch kannten und Frieden noch - oder wieder - als Selbstverständlichkeit
ansehen durften. Der junge bekannte ukrainische Autor Artem Tschech war selbst in Kiew noch
ziemlich unvertraut mit dem Krieg in seinem Land als ihn im Mai 2015 seine Einberufung
erreichte. Er fand sich an die Frontlinie im Donbass versetzt. Sein Bericht Nullpunkt schildert
womit er sich auf einmal konfrontiert sah. Erzählt wird von der Verwandlung eines Zivilisten
der Generation Facebook und What¿s App in einen Soldaten. Angefangen mit dem Drill im
Ausbildungslager in brütender Hitze in der Steppe zwischen Giftschlangen. Die schlecht
versorgte Truppe wird dabei von der Bevölkerung durchgefüttert - bombardiert von »Nutella«
Kuchen und Schinken. Aber es folgen die realen Schützengräben den »Feind« im Visier jederzeit
bedroht vom Tod. Doch nicht Kampfhandlungen stehen im Mittelpunkt vom Tschechs Bericht
sondern das innere Erleben einer Art Parallelwelt. Dort wächst etwas zusammen was sonst nicht
zusammenfindet: Menschen verschiedenster sozialer wie geographischer Herkunft voller
Vorurteile über einander lernen sich zu sehen - eine identitätsstiftende Erfahrung von
Zusammengehörigkeit. Tschech verweigert sich jeglichem Nationalismus schreibt über das
Unheroische dem er sich gegenübersieht. Seine Kameraden verfolgen skeptisch oder stolz daß
einer der Ihren ihre Geschichten schreibt: »Schreib das auf Tschech!« Sein Blick fördert eine
Fülle auch komischer Situationen zutage. Das Lachen aber vergeht uns immer wieder.