Dichterärzte und Arztversteher - Patienteninnenklagen und Hoffnungsschimmer - Krankheitsfälle
und Rezepte - Lehrreiches und Spottgedichte - Lyrische Medizin. Hilfreiche Utensilien
ärztlicher Bemühungen waren über Jahrtausende stets: das Wort die Pflanze das Messer. Und
doch bleibt das Heilen bekanntlich eine Kunst. In dieser von Jakob Leiner herausgegebenen
Anthologie an der Schnittstelle von Lyrik und Medizin eröffnet sich ein Kaleidoskop
seelisch-körperlichen Befindens: 101 Dichtende aus fünf Jahrhunderten vom Beginn der Neuzeit
bis zur Gegenwart. Lehrgedichte und Rezepte bilden weiter während Gläubige Heilung in
christlicher Lehre suchen. Es wird barock lamentiert romantisch verklärt und anatomisch
beobachtet. Die Aufklärung rückt vieles zurecht und vergisst so manches natürlich hält die
Moderne Einzug mit ihr die große Abstraktion die schrecklichen Kriege das heilsam
Eklektische. Und natürlich soll zu jeder Zeit der Humor als gesundheitsförderliche Ressource
aufblitzen. Gleich zu Beginn sticht das Schiff der Narren in See im Jahr 1527 wird Paracelsus
mittels lyrischer Schmähschrift »geroasted« weiter hinten kommt ein kettenrauchender
Lungenfacharzt zu Wort. So stehen die hier zusammengestellten Texte für die Kunst des Heilens
und Erkrankens in all ihren psychosomatischen Facetten. Ob als Bestandsaufname oder
Seelenspiegel - durch Rezeption wird Lyrik selbst zur Medizin. Denn die (eigene) Sprache trägt
sich selbst. Sie kann ein Kurort sein.