Chantal Maillard hat einen sprachlich eleganten Essay mit einem radikalen Kern geschrieben. Das
Bild einer von den Göttern verlassenen Welt in der das Leben in all seinen Erscheinungen von
einer ursprünglichen Gewalt regiert wird zeichnet eine Schöpfungsgeschichte der anderen Art.
Im 'Kreislauf des Hungers' erhalten Fragen von Schuld und Unschuld erlittenem und zugefügtem
Leid Mutterschaft und Tod keine unmittelbar tröstliche Antwort. Dieses Buch ist die sehr
persönliche Suche der Autorin nach einem Raum in dem unsere aggressivsten Triebe außer Kraft
gesetzt werden und ein Mitgefühl möglich ist. In diesem Raum hallen die Stimmen der
griechischen Mythen und der vedischen Philosophie von Albert Camus Pascal Quignard und Arthur
Schopenhauer wider. Die Schwierigkeit dieses Mitgefühls jenseits der gängigen
Moralvorstellungen verdichtet sich in der Figur der Medea der mordenden Mutter und erreicht
ihren Höhepunkt in der verstörenden Szene in der Mermeros der ältere Sohn der Mutter den
Strick reicht mit dem diese ihn aufhängen wird.