Meinen Vater Franz PAUL 1915 geboren haben Kriegserlebnisse als Sanitäter an der Ostfront
nach Rückkehr aus der Gefangenschaft seelisch erkranken lassen: PAUL leidet an religiösem Wahn
will die Menschheit durch Mumifizierung von Leichnamen retten und tritt für die Auflassung
aller Schlachthöfe und Friedhöfe ein. Weil er sich im Nachkriegs-Österreich noch dazu als
aufsässig zeigt Politiker beleidigt und ihm Betrugsvergehen zur Last gelegt werden wird er
von Amts wegen »entmündigt«. Aus der Psychiatrie wird er erst nach einem sieben Jahre währenden
Kampf um die Freiheit entlassen.In einer »Doppelhelix« der Erzählstränge wird einerseits das
Leben dieses Außenseiters beschrieben das aus Patientenberichten Zeitungsartikeln
Gerichtsurteilen und Gutachten über Jahre recherchiert wurde und andererseits jenes des
vaterlos Aufgewachsenen des Geschichtsschreibers: Wie ist es dem Sohn mit dem schwierigen
Material ergangen und was hat die Begegnung mit bis dahin unbekannten Halbgeschwistern
ausgelöst? Was soll der Suchende nun mit all dem »Zeugs« anfangen - wenn der Vater ein wahnhaft
Getriebener ein Kleinkrimineller am Rand der Gesellschaft war?Exemplarisch werden
zeitgeschichtliche Elemente des Nachkriegs-Österreich des Justiz- und Psychiatriewesens
offengelegt. Patientenberichte und andere Dokumente jener Zeit deuten durchwegs auf die
fehlende Wahrnehmung von Traumata von Kriegsteilnehmern und jedenfalls auf einen Mangel von
Empathie hin.Die Erzählung folgt einem Rhythmus des Perspektivenwechsels - auf Distanz folgen
Emotionen und diese wiederum führen zu Erkenntnis und Reflexion. Scham und Trauer bekommen
ihren angemessenen Raum. Ebenso wie die Beschreibung der Prozesse die den Autor - am Beispiel
des Todes seines jüngeren Sohnes - zum Urthema väterlicher Bindung oder des Fehlens einer
solchen heranführen.Abgespaltene und verborgen gehaltene Familienthemen aufzugreifen ist ein
lohnender Prozess wenn auch mitunter schmerzhaft. Menschen der Kriegs-Folgegeneration
ermöglicht er dadurch sich selbst besser zu verstehen oder besser verstanden zu werden. Dazu
will der Autor ermutigen.