Manchmal braucht’s gar nicht viel: Zwei drei Takte und eine Textzeile die einen wie Lockstoff
sofort in den Song hineinzieht: Es war ganz harmlos als es anfing...da will man doch wissen
was da anfängt – und schon ist man mittendrin in Reinhold Beckmanns drittem Album Haltbar bis
Ende. Kein langes Intro kopfüber rein in diesen Song der die Laid-Back-Lässigkeit eines J.J.
Cale in sich trägt. Der Song selbst erzählt die charmante Story von einem Hans im Glück der
schon viel rumgekommen ist und wie der Titel verrät der Alles schon probiert hat. Nun zieht
er augenzwinkernd Bilanz. Wer nun glaubt das ganze Album sei eindimensional von sonniger
Sorglosigkeit geprägt wird staunen: An jeder Ecke wartet eine neue textliche und musikalische
Überraschung. Da kommt Der Lack ist ab mit geradezu Hildegard-Knef-hafter Illusionslosigkeit
daher um am Ende mit der tröstlichen Botschaft aufzuwarten dass die Schrammen des Lebens doch
der wahre Schmuck sind. Da schnalzt ein CEO-Super-Ego im ironischen Einsame Spitze zu sahnigen
Swing-Bläsersätzen mit den Hosenträgern und tippt nebenbei ganz locker an die Hutkrempe um
Randy Newman zu grüßen.Kein Zweifel: Textlich und musikalisch stecken die 11 Songs ein weites
Feld ab. Mit Martin Gallop war für dieses Projekt der richtige Produzent bald gefunden. Gallop
bekannt durch seine Kollaborationen mit Musikern wie Annett Louisan und Stephan Eicher war
auch eine Empfehlung von Udo Lindenberg der mit Gallop nicht nur für sein letztes Unplugged
Album zusammengearbeitet hat. Zunächst war aber intensives Kennenlernen angesagt um zu sehen
ob die Chemie passt. Reinhold Beckmann: Wir haben uns erst mal hingesetzt und ein paar Tage
Musik gehört. Dabei stellten wir fest dass wir denselben musikalischen Hausgötzen huldigen.
Das war eine perfekte Voraussetzung. Dazu gehört zum Beispiel Bob Dylan dessen Song When The
Deal Goes Down bei Beckmann zu Wenn’s vollbracht ist wird.Auch Mut zur Romantik scheut Beckmann
nicht. Sein Song Evelyn handelt von der Unmöglichkeit einer verbotenen Liebe oder wie Beckmann
es sagt die Geschichte einer gefährlichen Liebschaft im norddeutschen Nieselregen wollte ich
immer schon mal erzählen.An den vielen Details erkennt man die feine Produzenten-Handschrift
von Martin Gallop. Er arbeitet songdienlich und weiß immer genau wie das jeweilige Stück durch
die Instrumentierung noch an Wirkung gewinnen kann. Verblüffend ist dass dieses Album trotz
aller Vielseitigkeit nicht in heterogene Teile zerfällt sondern wie aus einem Guss wirkt. Der
Grund: Die Basic Tracks wurden zunächst in der bei Beckmann ja auch bisher sehr beliebten
kleinen Besetzung live eingespielt: Gitarre Kontrabass Piano und Percussion. Und dann so
Reinhold Beckmann haben wir getrüffelt: Hier und da eine gestopfte Trompete weitere
Gitarrensounds Hammondorgel und vieles mehr. Als dann der Klangteppich ausgelegt war habe ich
mich gesanglich nur noch reinlegen müssen.Das emotionale Kraftzentrum des Albums ist zweifellos
der sehr persönliche Song Vier Brüder. Ihm zugrunde liegt die authentische Familiengeschichte
der Familie Beckmann. Die Mutter von Reinhold Beckmann wuchs mit vier Brüdern auf. Alle vier
starben im zweiten Weltkrieg besonders tragisch dabei der Tod des jüngsten Bruders Willi der
noch wenige Wochen vor Kriegsende mit nur 16 Jahren eingezogen wurde und Wochen später
zurückkam – in einer Holzkiste. Die Mutter kam Zeit ihres Lebens immer wieder auf ihre Brüder
zu sprechen. So waren sie auch für Reinhold Beckmann immer präsent und es war schon lange sein
Wunsch ihnen musikalisch ein Denkmal zu setzen. Einfache schlichte Akkorde die Stimme leise
aber ganz weit vorn die Instrumentierung zurückhaltend das Schlagzeug übernimmt die Funktion
einer Trauertrommel. Beckmann findet ein beeindruckendes Bild für den Verlust: Eine Hand hat
fünf Finger wenn vier fehlen ist das noch ne Hand? Das sind Verse die noch lange
nachwirken.Nur wenig später dann wieder diese Leichtigkeit: Dem doppeldeutigen Flirt-Charme von
Donauwellen kann man sich kaum entziehen und die Refrainzeile Am Ende fließen alle Flüsse in
denselben Teich klingt wie ein tröstliches Echo auf vorangegangene Traurigkeiten. Was dann
folgt ist möglicherweise ein echter Radiosong: Immer nur die Schweiz erzählt auf kuriose Art
die Geschichte eines Beziehungsstreits melodiös und mitsingtauglich mit einem höchst
eingängigen Refrain.11 Tracks hat das Album 10 Eigen- und eine Fremdkomposition kaum eine mal
länger als 4 Minuten keine ausufernden Soli alles dient dem Song. Und gerade dadurch dass
instrumentale Virtuosität nicht ausführlich demonstriert wird zeigt sich die Meisterschaft der
Musiker des Produzenten und des Songschreibers Reinhold Beckmann. Als Sänger bleibt Beckmann
immer ganz bei sich er singt lieber eindringlich als laut – und bleibt immer
authentisch.Haltbar bis Ende – bis Ende von was? Das bleibt bewusst offen. Das Album markiert
einen konsequenten Schritt der Weiterentwicklung der Titel signali