Mit Artikel 102 des Grundgesetzes fand nach fast 100 Jahren abolitionistischer
Reformbestrebungen die Zulassung der Todesstrafe ihr verfassungsrechtliches Ende. Was waren die
Gründe für die überraschende Entscheidung des damaligen Gesetzgebers entgegen der zu jener
Zeit vorherrschenden Volksstimmung zugunsten der Todesstrafe die höchste Strafe abzuschaffen.
Welche Auswirkungen hatte das Verfassungsverbot auf die diese Regelung ablehnende Bevölkerung?
Untersucht wird insbesondere die Entwicklung der parlamentarischen und öffentlichen
Meinungsbildung in der Zeit von 1949 bis 1990 zur Frage der erneuten Anwendung der Todesstrafe.
Denn trotz der eindeutigen Regelung des Artikels 102 die nur mit einer verfassungsändernden
Mehrheit in Bundestag und Bundesrat beseitigt werden kann wurde die Regelung seit Beginn der
50er Jahre bis hinein in die 70er Jahre immer wieder durch Politik Presse und Öffentlichkeit
kontrovers diskutiert. Angeheizt durch teils aufsehenerregende Verbrechen gab es zahlreiche
Versuche die verfassungsrechtliche Entscheidung rückgängig zu machen. Erst in den späten 70er
Jahren stellte sich eine stabile Mehrheit gegen die erneute Einführung der Todesstrafe ein. Das
ehemals heftig kritisierte Verfassungsverbot hatte sich zu einem von der Mehrheit des Volkes
allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz entwickelt. Anhand parlamentarischer Debatten Akten des
Bundesjustizministeriums sowie der Auswertung der Tagespresse und demoskopischer Erhebungen
versucht die Arbeit Erkenntnisse zu Motivationen und Ansichten zu geben warum die Politik
trotz der fehlenden Übereinstimmung mit der öffentlichen Meinung an ihrer Entscheidung unbeirrt
festhielt die Bevölkerung das Verfassungsverbot erst Jahrzehnte nach seinem Inkrafttreten
akzeptierte und diese Entwicklung schließlich dazu führte dass die Bundesrepublik Deutschland
fortan auch über ihr Territorium hinaus für die Ächtung der Todesstrafe eintrat.