Der Totenkronenbrauch gehört zu einer etwa 400 Jahre praktizierten Erinnerungskultur einer
einst weit verbreiteten Sitte für jung und ledig Verstorbene beiderlei Geschlechts. Im Norden
Sachsen-Anhalts wurde sie bis ins 20. Jahrhundert hinein ausgeübt. Optisch sichtbar wird der
Brauch durch (Braut-)Kronen und (Braut-)Sträuße als Symbole für die Himmelshochzeit da jenen
jungen Menschen die reguläre Vermählung verwehrt blieb. Die elitäre Bevölkerung bildete ihre
ledig Verstorbenen schon ab dem 16. Jahrhundert auf Figurengrabsteinen oder auf Epitaphen mit
diesen Sinnbildern ab. Ab dem 18. Jahrhundert stellten die Hinterbliebenen aller
Bevölkerungsschichten Kronen und Kränze als Erinnerungsmale für die jungen ledigen Toten auf
Borden und in Schaukästen in den Kirchen aus meist durch Inschriften oder Schrifttafeln
ergänzt. Bereits vor 1900 und bis in die jüngste Zeit verschwanden die meisten Objekte. Der
Brauch geriet nahezu vollständig in Vergessenheit. Die Realien des Totenkronenbrauchs waren
seinerzeit elterlicher Trost bei den vielen Sterbefällen der Kinder und jungen Menschen. Heute
sind sie wertvolle Sachzeugen einer vergangenen Erinnerungskultur.Den Erläuterungen der Sitte
und ihrer Erinnerungsstücke folgt die beschreibende und fotografische Bestandsaufnahme der ca.
180 in der Region noch vorhandenen Objekte bzw. ihrer Spuren aus 58 Orten. Sie ermöglichen in
Verbindung zu historischen Quellen wie Kirchenbüchern und anderen Überlieferungen einen Teil
der Lebensumstände und des familiären Umfelds der Verstorbenen zu rekonstruieren ergänzt durch
medizinische Erwägungen zu den Todesursachen.Eine kulturhistorische Denkmalkategorie wie diese
ist es wert als solche geschätzt und erhalten zu werden. Die Bewahrung der überlieferten
Sachzeugen sowohl in Altmark und Elb-Havel-Winkel als auch in anderen Landschaften kann jedoch
nur gelingen wenn den zukünftigen Generationen das Wissen zum Totenkronenbrauch tradierend
vermittelt wird.