Der Dichter meidet strahlende Akkorde.Er stößt durch Tuben peitscht die Trommel schrill.Er
reißt das Volk auf mit gehackten Sätzen.Aus dem Gedicht Eingang im Band An Europa
(1916)Johannes R. Becher (1891-1958) war ein Vielschreiber der wie kaum ein anderer in seine
Zeit eingreifen wollte. Mit eben dieser Zeit aus der sie hervorgingen in der sie durchaus
streitbar und umstritten gewirkt haben sind die meisten seiner Gedichte vergangen
ausgewaschen vom Fluss der Zeiten. Es wäre ein Leichtes aus diesem Schutt des Erledigten jene
Verse auszuwählen die ihn als Erzstalinisten entlarven oder seinen Verfall von einer Flamme
des Expressionismus zur Stalllaterne der Partei illustrieren würden wie es heute im Feuilleton
heißt. Doch was hätten wir davon? Eine Bestätigung mehr für unser selbstgerechtes Besserwissen
das uns den vergangenen Zeiten so überlegen dünkt und nicht merken lässt wie wir zu Gefangenen
des eigenen Zeitgeists werden.Das unsäglich Schwache das sich mitdem Staatsdichter Becher
verbindet sei nicht verschwiegen. Aber es soll uns auch nicht mehr daran hindern das
Lebendige wahrzunehmen das er uns über die Zeiten hinweg mitzuteilen hat. Weiterwirkendes das
gerade aus der Intensität erwächst mit der er sich in die Kämpfe seiner Zeit einließ.(...) In
Balladen hatte er erprobt massenhaften Schicksalen ein Gesicht zu geben statt gesichtslose
Massen zu agitieren. Im Exil doppelt bedroht vom braunen und roten Terror setzt er den
Versuch fort durch Rückbesinnung auf tradierte Formen wie das Sonett Erfahrungen haltbar und
verbindlich mitzuteilen einen Halt in der Sprache zu stiften Menschlichkeit in unmenschlichen
Zeiten.So entstand Der Glücksucher und die sieben Lasten (1938) der wohl beste Lyrikband
Bechers. Thomas Mann nannte ihn das repräsentative Gedichtbuch unserer Zeit und unseres
schweren Erlebens. Und Pasternak antwortete auf Wiedergeburt den nachfolgenden Band: Ich danke
dir du wahrer großer einziger Dichter. ... es ist ein siegreiches Glück solch einen
Reichtum wie dein Buch solch eine Insel im heutigen Lügenmeere zu besitzen.(...) Sein
poetisches Testament hat er noch auf dem Krankenbett als Flaschenpost verfasst: Petrarca - ein
Bild der DDR gespiegelt im Labyrinth der Zeiten. Und ein letztes Bekenntnis zum Fegefeuer der
Dichtung die nicht in den Himmel der Ideologen gehört: Ich litte dort in eurem Paradiese
(...) Ich wähl die Hölle und begehr nur diese!