Über die Herkunft und Bedeutung des Namens Weiße Ruß oder Belarus' ist viel spekuliert worden.
Es handelt sich um eine Bezeichnung die im Laufe der Jahrhunderte in der Historiographie und
der Kartographie auf ganz unterschiedliche Regionen des nordöstlichen Europa bezogen wurde. Zum
Verständnis der Sache sind zwei Prozesse in Betracht zu ziehen zum einen die
Auseinandersetzung zwischen Polen-Litauen und dem Moskauer Reich um das Erbe der Kiever Rus'
und zum anderen die Ausdifferenzierung der Ostslaven in Großrussen Ukrainer und Belarusen.
Zugehörigkeit zu Ruthenien oder zu Moskowien lautete die Frage. Während die Ukraine als
Kosakenland ihre eigene Tradition erfand etablierte sich die Weiße Ruß als Bestandteil des
historischen Litauen. Sie betrat die politische Bühne im Zeitalter des Nationalismus unter der
programmatischen Bezeichnung "Bielarus". Thomas Bohn zeichnet in seiner Monographie die
Vorstellungen nach die die Denkfigur der Weißen Ruß in historischen Karten und
Geschichtswerken eingenommen hat und ordnet sie fünf übergreifenden Etappen vom 13. bis ins 20.
Jahrhundert zu. Es wird danach gefragt unter welcher Beschriftung sich Städte wie Brest
Hrodna Polack Vicebsk Mahilëu Homel' und Minsk auf alten Landkarten wiederfinden und wie
das Territorium zu dem sie gehörten im historischen Schriftverkehr bezeichnet wurde. So
bietet die Studie eine sowohl für die Orientierung in der Gegenwart als auch für die Gestaltung
der Zukunft notwendige Bestandsaufnahme: Denn im Rahmen der seitens der deutschen Politik 2022
verkündeten Zeitenwende geht es darum Kriterien für die Neujustierung der Mental Maps zu
gewinnen.