Das Schuldprinzip ist eine Grundmaxime des demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Die
Grundlage der strafrechtlichen Schuld befindet sich jedoch in einem interdisziplinären und
methodologischen Spannungsfeld. Um den Schuldbegriff konkurrieren unterschiedliche ontologische
funktionalistische und naturalistische Ansätze mit Ansichten aus der Erkenntnis- und
Wissenschaftstheorie. Zentral ist dabei die Bedeutung von individueller Freiheit. In der
vorliegenden Studie wird aufgezeigt dass die herkömmlichen Begründungsmodelle strafrechtlicher
Schuld aus den genannten Konzeptionen Normativitäts- Verifikations- und Legitimationsdefizite
aufweisen. Deshalb bieten sie argumentativ nur eine unzureichende Grundlage der
strafrechtlichen Schuld. Von daher werden sie hier durch die Idee einer materiellen Anerkennung
individueller Freiheit als einer vom Staat vermittelten und historisch konstruierten
Wirklichkeit ersetzt. Dies umfasst auch die (Un-)Verhältnismäßigkeit zwischen der vom Staat
zugeschrieben und konkretisierten Freiheit und der individuellen Freiheit des Einzelnen.The
principle of guilt forms a basic maxim of the democratic and social constitutional state.
However the basis of criminal guilt is located in an interdisciplinary and methodological
field of tension. Different ontological functionalist and naturalistic approaches compete
with views from epistemology and philosophy of science in order to reach a definition of the
concept of guilt. Central to this is the importance of individual freedom. The present study
shows that the conventional models of justification of criminal guilt brought forward by the
above-mentioned concepts have deficits concerning the requirements of normativity verification
and legitimation. For this reason they offer only an insufficient argumentative basis for
criminal guilt. For this reason they are replaced here by the idea of a material recognition
of individual freedom as a reality historically constructed and mediated by the state. This
also includes the (in)proportionality between the freedom ascribed and concretized by the state
and the individual freedom of the individual.