Auf den ersten Blick erscheinen Liberalismus und Nationalsozialismus als politische Gegensätze
doch war ihr Verhältnis vielschichtiger als lange gedacht. Einerseits hatte der traditionelle
liberale Wertekanon an Freiheit und Rechtsstaatlichkeit orientiert wenig mit der
NS-Rassenideologie gemein. Liberale waren Träger der Weimarer Republik und fanden zum Teil nach
1933 in den Widerstand. Andererseits ermöglichte die charakteristische Offenheit der liberalen
Weltanschauung Anknüpfungspunkte an den Nationalsozialismus. Zudem partizipierten Liberale an
der NS-Gewaltherrschaft. Bei allen Unterschieden lassen sich somit ideologische Schnittmengen
und Annäherungen ausmachen.Die Autorinnen und Autoren untersuchen diese ambivalente
Beziehungsgeschichte. Sie fragen nach gegenseitigen Wahrnehmungen Anpassungs- und
Abgrenzungsprozessen sowie nach der Bedeutung des liberalen Exils. Welche Handlungsspielräume
eröffneten sich Liberalen in der Auseinandersetzung mit Nationalsozialisten in Deutschland und
Europa? Die Beiträge zeigen ein breites Spektrum an Interaktionsformen und machen deutlich
dass das Verhältnis zwischen Liberalismus und Nationalsozialismus kein rein antagonistisches
war.