Rita Münster ist eine Gestalt die unsere Vorstellung sogleich beschäftigt. Von Anfang an ist
ein eigentümlich gespannter auf etwas zutreibender Ton in ihrer Art zu sprechen auch wenn sie
zunächst nur scheinbar willkürlich lauter Geschichten erzählt von den Personen um sie herum.
Da ist die Rede von Malern und ihren Frauen und Freundinnen von einem Vorstadtkönig dessen
Aufstieg und Untergang Rita Münster gebannt verfolgt von bemerkenswerten Tanten alten Liebes-
und Ehepaaren von prekären Freundschaften von Eifersucht Lebensentwürfen kleinen
Katastrophen. Rita Münster taucht hier nur auf als Gesprächsgegenüber als Beobachterin. Ihr
äußerst wacher angespannter Blick fällt begierig und ungeduldig zugleich auf die Gefühlsdinge
der Personen ringsum: Welches ist das Muster ihrer Sehnsüchte und welches das ihres Begnügens?
Sie erzählt die Geschichten in zugespitzten Episoden mit großer Intensität mit Schärfe und
empfindlicher Bosheit mit Witz auch. Und durch alle Geschichten hindurch wird eine Heftigkeit
spürbar die neugierig macht auf sie selbst. Es entsteht im Leser das Bild einer radikal
leidenschaftlichen leidenschaftssüchtigen Frau. Im Mittelpunkt des Romans steht Rita Münsters
eigene Geschichte die Geschichte einer Liebesbeziehung. Rita Münster entdeckt - und
»entdecken« ist wörtlich zu nehmen - ihre Liebe zu einem verheirateten Mann der kaum daß sie
ihn kennengelernt hat nach Kanada zurückkehrt und mit dem sie später nur wenige Tage auf einer
Nordseeinsel zusammen ist. Auf dieses Zusammensein lebt sie zu alle inneren und äußeren
Wahrnehmungen im Ablauf der Monate bezieht sie darauf. Alles Gleichgültige Zufällige
abstreifend hat sie sich ganz darauf gestellt die Empfindung von Glück von Unglück
wahrzunehmen. Die Dinge und Menschen des täglichen Umgangs erhalten von daher ihre wechselnde
Beleuchtung das Vergehen der Tage die Bewegung der Zeit selbst ist Rita Münsters
leidenschaftlich gewünschter Gefühlsanspannung unterworfen. Rita Münster berührt das Innerste
in uns den Lesern wohl auch deshalb weil ihre Geschichte unter Verhältnissen spielt die
unsere sind. Ihr radikaler Blick fällt auf unsere Welt und wir erinnern uns einer Möglichkeit.
Es ist diese Erinnerung an einen Zustand vor der Indifferenz an ein verwundbares Ganzes die
im dritten Teil des Romans in wunderbar genauen Bildern Rita Münsters Kindheit heraufholt.