Zu den QuellenDie mit der Vernichtung einhergehende NS-Enteignungsmaschinerie basierte auf
einer stets mehrere Instanzen durchlaufenden Systematik die weder eine geradlinige Spur noch
einen geschlossenen Aktenbestand hinterlassen hat. Vielmehr wurde die Enteignung im
Spannungsfeld mehrerer Machtzentren vollzogen und verschiedene anfänglich stark miteinander
konkurrenzierende Institutionen mit der infolge bewusst gesetzter Regulierungsmaßnahmen
zunehmend bürokratischen scheinlegalen Abwicklung betraut. Pfändung Sicherstellung und
Beschlagnahme waren die operativen sich wechselseitig ablösenden und ergänzenden Rechtstitel
unter denen die Enteignung stattfand die jeweils zuständigen Behörden waren das Finanzamt die
Zentralstelle für Denkmalschutz bzw. der Wiener Magistrat und die Finanzlandesdirektion. Von
einer Vollständigkeit der Quellen kann aufgrund dieser Wechselwirkungen und Verflechtungen
nicht ausgegangen werden: Nur selten findet sich ein vollständiges Sammlungsinventar zumeist
sind es mehrere Inventare zu Teilbeständen die verschiedene Etappen der Enteignung festhalten.
Die für dieses Buch ausgewählten Inventare stammen aus einer möglichst breiten Palette
unterschiedlicher Quellen die die Instanzen des Raubes markieren und deren Systematik
durchleuchten. Das Gros der Dokumente stellen die in den Vermögensanmeldungen enthaltenen
Sammlungsinventare (zumeist aus dem Juni und Juli 1938) die Ausfuhranmeldungen aus den Jahren
1938 und 1939 bzw. die in Folge von Ausfuhrsperren ergangenen Sicherstellungs-Bescheide des
Wiener Magistrats. Herangezogen wurden auch Wohnungsbeschauprotokolle und Dorotheumskataloge zu
den Versteigerungen von vollständigen Wohnungseinrichtungen die in schonungslosen Protokollen
Kunst- und Gebrauchsgegenstände einander gleichsetzen und jeglichen Affektionswert einer
Sammlung negieren. Einzelne Ergänzungen dieser Inventare ermöglichten die Fotokartei der
ehemaligen Zentralstelle für Denkmalschutz sowie die abschriftlich erhalten gebliebenen
Journalbücher der VUGESTA. In nur wenigen Fällen konnte auf Kataloge und Schätzgutachten
zurückgegriffen werden die vor 1938 erstellt wurden und daher einen verlässlichen Einblick in
eine Sammlung geben. Einen generellen Eindruck wenn auch selten detaillierte Angaben vermögen
jene in den frühen zwanziger Jahren gegenüber dem Staatsdenkmalamt abgegebenen Notariatsakten
über die Widmung von Privatsammlungen für die öffentliche Besichtigung zu vermitteln. In
mehreren Fällen konnten ausschließlich Aufzeichnungen zu Rückstellungsbemühungen aus den späten
vierziger Jahren bzw. so genannte Suchlisten von entzogenen Kunstgegenständen gefunden werden.
In allen Fällen sind Orthographie Syntax und Interpunktion der Originaldokumente beibehalten
worden.Anhand dieser sehr unterschiedlichen Unterlagen soll eine möglichst breite Palette von
Sammlungen rekonstruiert werden wobei der Schwerpunkt auf Gemäldesammlungen gelegt wurde.
Einerseits erfreute sich das Sammeln von Bildern besonderer Beliebtheit andererseits bürgt
deren Wert als Unikate meist für penible Aufzeichnungen. Der Vollständigkeit halber wurden auch
einige wichtige Glas- und Porzellansammlungen zwei Silbersammlungen eine Antikensammlung
sowie eine ethnographische Sammlung dokumentiert. Schmuck Waffen und Bibliotheken konnten in
den gegebenen Fällen aus Platzgründen nur am Rande behandelt werden. Auch wurde darauf geachtet
ein Gleichgewicht zwischen Sammlungen Alter Meister Sammlungen des 19. Jahrhunderts und
Sammlungen zeitgenössischer Kunst zu halten. Neben den drei bekanntesten und wohl wichtigsten
enteigneten Wiener Sammlungen Rothschild Bondy und Gutmann und einer größeren Anzahl ebenfalls
sehr guter und bedeutender Sammlungen werden auch einige kleine sehr persönliche und
weitgehend unbekannte Sammlungen erstmals porträtiert. Es ist dies der Versuch den sehr
unterschiedlichen Sammlungsschwerpunkten und -möglichkeiten einzelner Personen gerecht zu
werden und einem homogenisier