Ich habe für dieses Buch den schlichtesten das heißt den wahrhaftigsten Titel gewählt zum Teil
um beizutragen zur Rehabilitierung des unentbehrlichen und oft mißbrauchten Ausdrucks
Geschlechtsleben andernteils um unverblümt auszusprechen was der Leser in den freimütigsten
Abschnitten zu erwarten habe. Geschlechtlichkeit hat für den primitiven Südseeinsulaner
ebensowenig wie für uns die bloße physiologische Verrichtung zum Inhalt sondern auch Liebe und
Liebesleben sie bildet den Kern so altehrwürdiger Institutionen wie Ehe und Familie von ihr
ist die Kunst durchdrungen sie hat ihre Beschwörungsformeln und ihre Magie. Tatsächlich
beherrscht sie fast jede Erscheinungsform der Kultur. Das Geschlechtsleben im weitesten Sinn
und so habe ich den Titel dieses Buches gemeint ist mehr eine soziologische und kultürliche
Kraft als eine bloße körperliche Beziehung zwischen zwei Individuen Doch die wissenschaftliche
Behandlung des Gegenstandes bedingt offensichtlich auch ein lebhaftes Interesse für den
biologischen Kern. Der Anthropologe muß daher die Annäherungsformen beschreiben wie sie in
Ozeanien zwischen Liebenden üblich sind Formen die Überlieferung gestaltet hat die gewissen
Gesetzen folgen und den Sitten des Stammes entsprechen. [...] Die vorliegende ethnographische
Darstellung von Dr. Bronislaw Malinowski behandelt ausführlich das Geschlechtsleben der Wilden
in Nordwest-Melanesien. Illustriert mit über 90 historischen Abbildungen. Dieses Buch ist ein
unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1928.