Im letzten Abschnitt seines Schaffens betrat Karl May ungewohnte schriftstellerische Bereiche.
Die bunte Abenteuerwelt der Reiseerzählungen ging Schritt für Schritt in einen geheimnisvollen
Kosmos voll Spiegelungen und symbolischer Vexierspiele über. Alle Figuren und Ereignisse
erhielten nun eine tiefe philosophische psychologische oder menschheitsgeschichtliche
Bedeutung die oft erst nach eingehender Beschäftigung mit den Stoffen zu entschlüsseln ist.
Gleichzeitig traten zunehmend Personen aus Mays realem Leben - mal mehr mal weniger maskiert -
in den Geschichten und Romanen auf. Speziell den kleineren Schriften dieser Spätphase ist der
aktuelle Band der Gesammelten Werke gewidmet. Die Titelnovelle und vier weitere Texte (Merhameh
Schamah Eine Weihnachtsfeier in Damaskus und Der Zauberteppich) führen in den Orient. Hier hat
May die Bilder und Eindrücke seiner großen Reise von 1899 1900 verarbeitet und einen ganz neuen
Blick für das Morgenland gewonnen. Märchenhafte und fantastische Züge treten darin deutlich
hervor. Karl Mays einziges abgeschlossenes Theaterstück Babel und Bibel spielt ebenfalls in
einer Welt zwischen Traum und Realität. Um kaum eines seiner Werke hat der Verfasser so schwer
gerungen wie um dieses Drama. Das vorliegende Buch bringt als Erstveröffentlichung aus dem
Nachlass die von May schließlich verworfene Urfassung des zweiten Akts. Zahlreiche Notizen und
Anmerkungen des Autors eröffnen einen ungewöhnlichen Blick in die Dichterwerkstatt. Nicht
minder interessant sind die kleineren dramatischen Fragmente die Band 81 ergänzen. Sie zeigen
wie umfangreich Mays Theaterpläne waren auch wenn diese leider allesamt unvollendet blieben.
Die Briefe über Kunst und weitere Aufsätze autobiografischer politischer und
kunsttheoretischer Natur runden das Bild von Mays späten Jahren ab.Mit einem Vorwort von
Ekkehard Bartsch.