In der Moderne haben Weltbürgertum und Nationalstaat die gleiche Geburtsstunde nämlich in
jener Epoche in der die bürgerlichen Revolutionen gleichzeitig die jeweiligen Nationen
konstituierten und dem europäischen Kontinent den Weg eines neuen gemeinsamen Schicksals
eröffneten. Während die Welt selbst als eine neue Dimension des Politischen und des Rechts
entsteht übernimmt die Nation europaweit die Funktion einer unabdingbaren politischen und
kulturellen Voraussetzung moderner Staatlichkeit. Hinter diesem weder zufälligen noch
bedeutungslosen gleichzeitigen Auftreten auf der politischen Bühne der Geschichte Europas
spielt sich zugleich eine philosophische Dialektik ab. Charakteristisch verdichtet zeigt sich
das in der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert vor allem in der klassischen deutschen
Philosophie und in der Romantik.Die Dialektik des Kosmopolitismus zwischen der einen
Weltrepublik und den vielen Nationalstaaten führt zu Störungen in einem angestrebten
harmonischen Pluralismus. Von Anfang an droht dieser Dialektik die Gefahr sich aufzulösen
indem die zwei Perspektivpole ihre begriffliche Spannung verlieren und sich die Pole in ihrer
Beziehung aufeinander trennen einerseits auf dem Weg eines nationalen und kulturellen
Partikularismus andererseits in der Form eines religiösen oder rationalen
Universalismus.Dieser Band stellt unter anderem Fragen nach der Funktion der Nation als
Identitätsstruktur und als Integrationsmuster nach der Grenzen der Volkssouveränität nach dem
Status Europas der Spannung zwischen Anerkennung und Konflikt der individuellen Aufgabe des
Kosmopoliten nach dem Kern des Weltbürgerrechts oder der Bedeutung der Grenzen in dieser
kosmopolitischen Dialektik. Der Band prüft inwiefern die Durchdringung der begrifflichen
Spannungen des Kosmopolitismus in der klassischen deutschen Philosophie erhellend für die
heutige Situation in Europa sein kann.