Wie beginnt ein Abenteuer? Ich sitze in einem sehr stillen hohen Raum in der Bibliothek des
Rijksmuseums in Amsterdam. Mit diesen Sätzen entführt Bestseller-Autor Cees Nooteboom den Leser
(nach seinen Betrachtungen zu Hieronymus Bosch) von Neuem in die Welt der Kunst - und schildert
seine Annäherung an das Werk eines Mannes der eigentlich gar kein Künstler sein wollte: Karl
Blossfeldt (1865-1932) ausgebildet in Bildhauerei und Zeichnen sowie sensibler und begabter
Autodidakt in Photographie war Lehrer an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin
später Professor an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst. Seinen
Schülern zeigte er Beispiele aus der Pflanzenwelt um ihr ästhetisches Empfinden zu schulen und
ihr Gefühl für Ornamentik zu entwickeln. Dafür photographierte er bei natürlichem Licht frisch
geschnittene Pflanzen die er in einem Gestell aufgerichtet und mit Knetmasse fixiert hatte.
Urformen der Kunst war dann seine erste und einzige Veröffentlichung zu Lebzeiten eine Mappe
mit Photographien die in den 1920er Jahren bei Wasmuth erschien. Vor diesen vergrößerten
Pflanzenabbildungen im Rijksmuseum später in der Pinakothek der Moderne in München sitzend
gerät Cees Nootebohm ins Philosophieren über die Grenze zwischen Naturbetrachtung und
künstlerischem Impetus stellt Fragen nach dem Schöpfer und dem Urknall und ermittelt den
Kunstgriff der Vergrößerung als den eigentlichen Katalysator der die Struktur in den
Vordergrund treten lässt und ins Reich der schieren Ästhetik führe. Für ihn hat Blossfeldt
seine Pflanzen mit dem Auge Allahs gesehen - eine Anspielung auf eine Erzählung Rudyard
Kiplings - und damit eine neue Grammatik des Sehens geschaffen.Mit seinem ebenso humorvollen
wie geistreichen und intelligenten Essay erschließt Nooteboom Blossfeldt einem neuen
Interessentenkreis. Begleitet werden seine Ausführungen von einigen der bedeutendsten in
hervorragender Qualität gedruckten Pflanzen-Photographien.