Literaturunterricht als Schauplatz politischer Kämpfe um die nationale Deutungshegemonie.Im
spanischen Erziehungswesen des 20. Jahrhunderts vollzog sich ein signifikanter Wandel in der
literarischen Kanonbildung: Ausgewählte Autoren und Texte hielten Einzug in Lesebücher und
Anthologien didaktische Handreichungen oder Schulbibliotheken andere wurden als »veraltet«
kritisiert aus den Klassenzimmern verbannt oder gar als »sektiererisch« auf den Index
gesetzt.Die Autorin Martina Clemen geht mit ihrer interdisziplinär angelegten Studie erstmals
der spanischen Literaturerziehung auf den Grund. Sie untersucht die Narrative über den Kanon
während des Restaurationssystems der Diktatur von Miguel Primo de Rivera der kurzlebigen
Zweiten Republik sowie der langen Diktatur Francisco Francos bis hin zum friedlichen Übergang
zur heutigen Demokratie.An literarischen Figuren wie dem »Cid« dem »Quijote« oder auch Autoren
wie Teresa de Ávila Galdós und Casona wird deutlich dass diese nichtselten als
Projektionsfläche nationalstaatlicher Weltanschauungen dienten. Darüber hinaus liefert das Buch
ein Panorama der jüngsten spanischen Bildungsgeschichte.