... denke Dir einmal einen Raum von ungefähr 11 Schritt Länge 9 Schritt Breite 8 Fuß hoch an
beiden Seiten mit den Schlafstellen oder Coyen versehn von denen immer 2 von Brettern genagel
übereinander sind (...) wo in jeder Coye 10 Mann liegen 5 oben und 5 unten denke Dir nun
diesen Raum zwischen den Reihen Coyen in der Breite von Schritten in dessen Mitte aber noch
die Kisten und Koffer der Auswanderer aufgestapelt sind die aber auch noch an den Coyen
entlang stehen und Du wirst einsehen dass gerade noch soviel Platz ist dass man mit einiger
Vorsicht rund um die Kisten ein Mann hoch gehen kann! - Denke Dir nun in diesem Raum bei
schlechter Witterung 100 und ungefähr 10 bis 15 Auswanderer eingeschlossen denke Dir ihre
Ausdünstung das Lachen Toben Uebergeben Lamentiren Kinderschreien etc. etc. und Du wirst
dann ein ziemlich treues Bild dieses Raumes haben! Rund sieben Millionen Menschen wagten
zwischen 1818 und 1914 von Bremerhaven aus den Weg nach Amerika - in die neue Welt - mehr als
90% gingen in die USA. Hinter dieser Zahl verbergen sich Schicksale und Geschichten die sich
am authentischsten anhand der Beschreibungen der Auswanderer selbst nachzeichnen lassen. Tanja
Fittkau rekonstruiert in ihrer vorliegenden Studie mit Hilfe von bisher weitgehend
unveröffentlichten Briefen Tagebüchern Reiseberichten und Prozessakten die Bedingungen an
Bord der Auswandererschiffe im 19. Jahrhundert. Krankheiten mangelhafte Verpflegung und
Hygiene die unterschiedliche Unterbringung von 'Zwischendecklern' und 'Kajütspassagieren'
gewalttätige Seeleute und Zwistigkeiten unter den auf engstem Raum zusammengepferchten
Reisenden - all das waren heute kaum vorstellbare Gefahren und Strapazen die die Auswanderer
auf ihrer oft wochenlangen Überfahrt zu überstehen hatten. Tanja Fittkau leistet im wahrsten
Sinne des Wortes Pionierarbeit denn die lange Zeit die die Auswanderer an Bord der Schiffe
verbracht haben ist bislang weitgehend unerforscht.