Als die Unité d'habitation Typ Berlin im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 erbaut
wurde stand sie wie kaum ein anderes Bauwerk für den Reformwillen die Visionen und die
städtebaulichen Leitbilder der Nachkriegsmoderne. Le Corbusier erschuf eine Wohnmaschine die
seinen Bewohnern ein gemeinschaftliches Wohnglück versprach: als selbstversorgende autonome
soziale Einheit. Ein damals wie heute umstrittenes Konzept. Clara Weber untersucht in ihrer
vorliegenden Studie durch eine Post-Occupancy Evaluation die tatsächliche Wohnsituation der
Unité Typ Berlin und stellt diese Le Corbusiers Ansprüchen gegenüber. Die Zielsetzungen des
Architekten werden mit den Ergebnissen einer quantitativen Befragung begleitet von qualitativen
Interviews verglichen und auf der Grundlage theoretischer und praktischer Erkenntnisse der
Wohnforschung auf Erfolg und Realitätsbezug überprüft. Einmalige Einblicke in den Wohnalltag
der Berliner Corbusianer ergänzen bereits bestehende Studien zu Corbusiers Wohnmaschinen in
Marseille und Nantes. Webers Arbeit folgt einem innovativen Modell interdisziplinärer Forschung
das sich der Kompetenzen der Architektur und der Sozialwissenschaften gleichermaßen bedient.
Ihre Ergebnisse bereichern die wissenschaftliche Diskussion zur Wirkung von Architektur über
eine reduktionistische Sicht auf die schlichte Gebrauchsqualität hinaus und differenzieren auf
diese Weise auch eine zu kurzschlüssige Wechselwirkung von Gebäude und gesellschaftlichen
Verhältnissen. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Kongruenz von Architektur und Nutzerbedürfnissen
sind wegweisend für eine zukunftsfähige und nachhaltige Architektur des verdichteten
Wohnungsbaus. Webers Studie richtet sich sowohl an Schnittstellen der Disziplinen Architektur
Stadtplanung und Sozialwissenschaften als auch an ein allgemeines Publikum das an Architektur
und ihrem alltäglichen Einfluss interessiert ist.