Berlin war in der nur vierzehn Jahre währenden politisch unruhigen jedoch in jeder Hinsicht
kreativen Zeit der Weimarer Republik eines der großen Pressezentren der Welt. Das Publikum war
damals geradezu »hungrig« nach Informationen und Bildern. Die Zahl der Tageszeitungen
Zeitschriften und Magazine ist heute kaum zu verifizieren. In dieser Zeit in der die
Photographie zunächst nur in Illustrierten Fuß fasste spielten Zeichnung und Graphik in ihrer
Vielgestaltigkeit in der Presse noch eine dominierende Rolle. So zog die Stadt Illustratoren
aus mehr als vierzig Ländern gleichsam magnetisch an. Teils kamen sie auch als Flüchtlinge vor
den Unruhen und Umbrüchen infolge des Ersten Weltkriegs. Bildagenturen sorgten darüber hinaus
für Illustrationsmaterial aus aller Welt.Detlef Lorenz' Buch dokumentiert das Werk von etwa
6000 Namen - darunter berühmte und gänzlich unbekannte Spezialisten und Dilettanten
unterschiedlichsten Niveaus mit all ihren Motivfeldern und Stilen - sowie rund 800 Signaturen.
Der Autor hat dazu rund 170 Zeitungen Zeitschriften und Magazinen ausgewertet - von den großen
Tageszeitungen und Illustrierten bis hin zu kurzlebigen jedoch kulturhistorisch wichtigen
Nischenpublikationen. In den Kurzbiographien wird deutlich dass die Weimarer Republik für die
meisten Illustratoren ein Abschnitt in der Mitte ihres Lebens war: Sie wurden in der Kaiserzeit
sozialisiert viele erlebten beide Weltkriege manche erlitten Tod Verfolgung und Exil durch
die Nationalsozialisten (oder schlossen sich ihnen an) verschiedene fanden später ein
Auskommen im geteilten Deutschland. Es handelt sich also auch um politische Lebenswege. Nicht
zuletzt macht der Band deutlich dass die Weimarer Republik einen weit größeren
kulturhistorischen Rahmen bot als Schlagworte wie »Bubikopf« und »Nachtleben« »Tanz auf dem
Vulkan« »Babylon Berlin« oder »politisches Chaos« vermitteln.