Zum 80. Geburtstag des legendären Renningenieurs erscheinen nun seine Lebenserinnerungen:
Norbert Singer - Porsche Rennsport 1970 - 2004. Ursprünglich als Übersetzung eines älteren
englischen Titels gedacht wuchs sich das Manuskript nach zahlreichen Gesprächen von Norbert
Singer mit dem Autor Wilfried Müller zu einer umfang- und detailreichen Autobiographie aus. In
16 Kapiteln schildert Singer die bislang großartigste Ära des Porsche-Rennsports aus seiner
Sicht. Aus der Sicht des visionären Renningenieurs und Aerodynamikers des gewieften
Regelinterpreten und Taktikers. Vom 917 über den 911 Carrera RSR zum Weltmeister Porsche 935 -
einer radikalen Interpretation des Themas 911 die unter anderem den leichtesten (735 Kilo) und
den schnellsten (366 km h) Elfer der Geschichte hervorbrachte. Singer erzählt von der
Hauruck-Aktion die zum dreifachen Le-Mans-Sieger Porsche 936 führte. Wie schon beim Carrera
RSR Turbo und dem 935 so lag dann auch beim Porsche 956 die Projektleitung in seinen Händen.
Das Ergebnis schrieb Porsche- und Renngeschichte: Es gelang Singers Team den aus der Formel 1
bekannten aerodynamischen Ground-Effect für zweisitzige Rennprototypen nutzbar zu machen. Der
vorläufige Höhepunkt von Singers leidenschaftlicher Suche nach dem Abtrieb. Fahrer wie Jacky
Ickx Stefan Bellof Derek Bell Jochen Mass und Hans-Joachim Stuck setzten mit den bis zu 800
PS starken Wagen vorher unerreichte Kurvengeschwindigkeiten unter anderem in fünf
Fahrerweltmeisterschaften um. Ab Mitte der 80er-Jahre wagte sich Porsche mit einem Monoposto
für die amerikanische CART-Serie auf unbekanntes - und wie sich herausstellte: auf schwieriges
Terrain. Singer schildert auch hier von innen was geschah. Mit spürbarem Vergnügen hingegen
erinnert er sich an die kunstvolle Umwandlung eines Rennprototypen in einen Gran Turismo der
als Porsche 962 LM GT1 1994 Le Mans gewann. Überhaupt das Thema GT1: Für 1996 stellte ein Team
unter Singers Führung die ersten Mittelmotor-911 auf die Räder von denen einer 1998 Le Mans
gewann. Es war der 16. Erfolg für Porsche beim berühmtesten Langstreckenrennen der Welt. Bei
allen wirkte Singer als Ingenieur bei den meisten auch als Stratege und Taktiker in der Box
mit. Entsprechend viel Raum nehmen die Schilderungen seiner Erlebnisse bei dem
24-Stunden-Marathon ein: von der Flucht vor seinem Vorstandschef bis zur improvisierten
Luftbrücke für Rennwagenteile. Ende der 90er-Jahre ersann der Mann mit der stets tief auf der
Nase sitzenden Lesebrille die wegweisende Aerodynamik des Rennspyder LMP2000 der allerdings
als Geheimsache in einem Hangar verschwand. Berühmt wurde der Supersportwagen Carrera GT dem
Singer im Windkanal seine Handschrift verlieh. Er zitiert den damaligen Porsche-Chef Wendelin
Wiedeking mit dem Satz: Der Singer soll sich was einfallen lassen. Nach dem Abschied in den
Ruhestand unterstützte Norbert Singer bis 2010 Kundenteams an den Rennstrecken bevor er als
Hochschuldozent sein Wissen den nächsten Ingenieursgenerationen weitergab. 40 Jahre
Porsche-Rennsport von Norbert Singer erzählt und aufgeschrieben von Wilfried Müller der
Motorsportliebhabern unter anderem als Autor der Peter Falk- und Walter Röhrl-Biographien
bekannt ist.