So alt wie die Lehre von der Demokratie ist auch die Kritik an der Demokratie. Die Suche nach
dem idealen Verhältnis zwischen Volk und Macht begann mit antiken Philosophen wie Platon und
Aristoteles blieb für die revolutionären ebenso wie für die liberalen Denker des 17. und 18.
Jahrhunderts hochaktuell und hat auch in Zeitgeschichte und Gegenwart nichts an Brisanz
verloren. Wenn die westlichen Eliten in Politik und Medien heute von der scheinbar
allgegenwärtigen 'Gefährdung der Demokratie' sprechen dann meinen sie damit nur allzu oft eine
- von ihnen - unkontrollierte Willensbildung und Willensäußerung jenes Volkes das doch dem
Namen nach die letztgültige Entscheidungsgewalt haben sollte. Alain de Benoist hat die Frage
nach dem Problem der Demokratie erstmals vor 40 Jahren gestellt. Liest man seine sorgfältige
geistesgeschichtliche Bestandsaufnahme dann kann sie nur bestürzen: Seither haben all jene
kritischen Zustände die Benoist in ihren Anfängen beobachtete und beschrieb oder auch nur für
die Zukunft zu bedenken gab unbehelligt weiter um sich gegriffen: von der
moralisch-materiellen Gängelung des Wahlvolkes durch seine 'Vertreter' über die Manipulation
der Massenmedien bis hin zu Identitätspolitik destruktivem Wahlverhalten und der gezielten
Bevorzugung von Minderheiten. Sein schonungsloser Abgleich des demokratischen Ideals mit der
'demokratischen' Realität und die sorgfältige Entwicklung der Gründe für diesen Verfall ist
ungebrochen aktuell und hat es verdient gerade in einer Zeit diverser zukunftsweisender Wahlen
neu gelesen zu werden. Denn es geht um weit mehr als nur ein Stück Papier in eine Kiste zu
stecken: Wo sich ein Volk entscheiden muss ob es politisch sein will oder nicht da
entscheidet es tatsächlich über nicht weniger als sein Dasein selbst. Der Ursprungstext von
1985 in verbesserter Übersetzung neu geordnet und um weitere Texte zum Thema erweitert.