Mit seiner 1907 unter Pseudonym veröffentlichten Autobiographie gewährte Karl M. Baer erstmals
einen Einblick in das Aufwachsen im falschen Geschlecht. N.O.Body schrieb sich die qualvollen
Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend von der Seele: Sein Geschlecht war nicht eindeutig
bestimmbar seine Eltern ließen ihn als Mädchen aufwachsen.Hermann Simon löste das Rätsel um
die Identität des Autors und erzählte dessen Lebensgeschichte von der Frauenrechtlerin und
engagierten jungen Sozialarbeiterin im Kampf gegen Mädchenhandel zu einem Mann der später im
Berliner jüdischen Kulturleben eine wichtige Rolle spielte.Diese überarbeitete und kommentierte
Neuauflage vertieft den Blick auf die erste Frauenbewegung auf die medizinischen Möglichkeiten
der Diagnostik und Beurteilung von uneindeutigem Geschlecht um die Jahrhundertwende und auf die
veränderte Registrierung und Gesetzgebung durch die Einführung der Standesämter und des
Bürgerlichen Gesetzbuches. Es gibt kein vergleichbar belegtes Ego-Dokument an dem sich sowohl
der individuelle als auch der gesellschaftliche medizinische und juristische Umgang mit
uneindeutigem Geschlecht um 1900 ablesen lassen. Es liefert einen wichtigen Beitrag zur Gender-
und Identitätsgeschichte der auf die aktuelle Debatte um die Dritte Option Bezug nimmt und
diesen historisch untersetzt. Die Aufzeichnungen gelten bis heute als Standardwerk in den
Gender Studies. An ihr lassen sich zudem Anerkennung und Ausgrenzung doppelter Minderheiten
innerhalb und außerhalb der eigenen Gemeinschaft nachvollziehen: Was bedeutet es jüdisch und
queer zu sein?Mit dem Originalvorwort von Rudolf Presber und einem Vorwort von Christina von
BraunMit dem Originalnachwort von Magnus Hirschfeld und einem historisch-biographischen
Nachwort von Hermann SimonMedizinhistorische Kontextualisierung von Marion
HulverscheidtRechtshistorische Kontextualisierung und Bezug zur Dritten Option von Konstanze
Plett