Wie kann eine allgemeine Geschichte des Zionismus geschrieben werden bei der Frauen im Zentrum
der Betrachtung stehen? Ausgangspunkt der Studie ist Gegenwartsarbeit' als kulturelle und
soziale Arbeit in der Diaspora. Diese sah bestimmte Rollen für Frauen vor und sicherte ihnen im
zionistischen Entwurf der Nation eine tragende Funktion zu. Durch Gegenwartsarbeit waren Frauen
aber nicht nur Teil der kulturzionistischen Strömung sie nutzen sie auch zur Emanzipation.
Zionistinnen entwickelten eine positive spezifisch weibliche Identität mit der sie ihre
Interessen vertraten.Die Studie zeigt wie diese weibliche Identität im Zionismus über die
Jahre immer wieder neu verhandelt wurde. Wesentlich war dabei ein nationales Selbstverständnis
das die Zionistinnen von der Gruppenidentität der Bewegung übernahmen. Sie identifizierten sich
mit der Gemeinschaft aller Jüdinnen und Juden und handelten in ihrem Sinne. Die Gemeinschaft
existierte für sie in ideeller und praktischer Form: Ideell war Zionismus eine kraft- und
bedeutungsvolle Gemeinschaft politisch handlungsfähiger Personen praktisch war Zionismus eine
gemeinschaftsbildende Aktivität politisch Interessierter. In der Zusammenführung beider Ebenen
lag die emanzipatorische Bedeutung der Gegenwartsarbeit für die Zionistinnen.Tine Bovermann
untersucht verschiedene Debatten zu frauenpolitischen Positionierungen innerhalb der
zionistischen Bewegung in Deutschland zwischen 1900 und 1920 und macht sie durch die Einordnung
in zeitgenössische Diskurse verständlich. Damit widerlegt ihr Buch die bisher angenommene
Stummheit der Frauen' im deutschen Zionismus. Es zeigt auf dass Frauen viel häufiger Stellung
zu den allgemeinen oftmals von Männern dominierten Themen der Bewegung bezogen haben als
bisher angenommen. Die Studie erweitert die zionistische Geschichtsschreibung durch eine
feministische Perspektive indem sie Frauen als politisch handelnde Akteurinnen ernstnimmt -
mit dem Wissen um dieReproduktion historischer Vorurteile mit einem kritischen Blick auf
Metanarrative und mit viel Empathie für den Gegenstand.