Das Konzept der Humandifferenzierung bezeichnet einen Forschungsansatz zu der Frage wie
Menschen sich unterscheiden: sowohl voneinander als auch von nicht-menschlichen Entitäten wie
Tieren und Artefakten. Die kulturelle Differenzierung von Menschen läuft zeitgleich in
verschiedenen Sinnschichten des Kulturellen ab: Sie wird perzeptiv durch kognitive Schemata
vollzogen sprachlich durch Lexeme Redewendungen und grammatische Strukturen diskursiv durch
Erzählungen populäre und gelehrte Thematisierungen praktisch durch situierte Tätigkeiten und
habitualisiertes Gebaren sozialstrukturell durch soziale Gebilde von Organisationen über
imaginierte Gemeinschaften bis zu gesellschaftlichen Teilsystemen und schließlich auch in
materiellen Infrastrukturen aus habituell geformten Körpern Artefakten und
Kommunikationsmedien. Der Band versammelt theoretische Überlegungen und empirische Analysen aus
Soziologie Sozialpsychologie Ethnologie Geschichts- und Translationswissenschaft Theater-
und Medienkulturwissenschaft Amerikanistik Afrikanistik und Germanistik. Seine Beiträge
untersuchen Ordnungsprozesse von feinen kognitiven Unterscheidungen über die verschiedenen
Aggregatzustände der Sprache und die bürokratische Rekategorisierung von Flüchtlingen bis zur
Geschichte gesellschaftlicher Differenzierung. Sie analysieren Grenzverwischungen: in
Translationsprozessen in der Ambiguität der Bildstrecken von Lifestyle-Magazinen in der
spielerischen Camouflage des Translanguaging und den Seiten¬wechseln von Schauspielern in der
Kombination von Leistung und Behinderung in der Bühnengeschichte und im systematischen
Vergleich von Alter und 'Rasse' als Formen der Humandifferenzierung. Schließlich betrachten sie
die Außengrenzen des Humanen: die humanoiden Maschinenwesen der Robotik die dienenden
Unpersonen digitaler Assistenzsysteme sowie die Humandifferenzierung durch die Algorithmen der
Videoüberwachung.