Das vorliegende Jahrbuch beginnt mit der neuen Rubrik Grundlagen mit einer quellenkritischen
Untersuchung von David Taillades der die Old Charges mit ihren 130 unterschiedlichen
Manuskripten in ihren semantischen Unterschieden für die Publikation AQC der Londoner Kollegen
analysierte und damit ihren vermuteten Entstehungszeitraum genauer als bisher datiert. In
seinem von Bernhard Martin für die deutschsprachige Freimaurer-Forschung aufbereiteten Artikel
legt er die Basis für eine Kontinuumstheorie nach der sich die Geschichte der Freimaurerei auf
der britischen Insel bis in ihre Gegenwart interpretieren lässt. Die Freimaurerei in Österreich
ist nicht von solcher Kontinuität beglückt - dies motivierte Bernhard Martin zu seiner
kritischen Bestandsaufnahme der institutionalisierten FM-Forschung zwischen verboten und
erlaubt (Günter Kodek) in puncto Vielfalt und Logik. Michael H. Weninger fasst seinen im
Bestseller Loge und Altar publizierten Standpunkt zum historischen Konflikt zwischen
katholischer Kirche und der Bruderschaft in einem Artikel zusammen und hält ihn für
kirchenrechtlich beigelegt. Die Österreich-Rubrik eröffnet Alexander Emanuely mit seiner
Perspektive auf die Quellenlage zu Ludwig Lewis und anderen Freimaurern im Wien von 1848. Seine
für einen Tag im Revolutionsjahr erfolgte Logengründung ist weiterhin kritisch zu sehen da
Lewis darüber Spitzelberichte für die Polizei verfasste. Gerhard Friedrich trägt einen
ausführlichen biografischen Abriss zu Heinrich Glücksmann bei dem seinerzeit in Bezug auf
Auftritte in der Öffentlichkeit vielleicht bekanntesten Freimaurer Österreichs. Marcus G. Patka
wiederum lässt die Biografien einiger Wiener Brüder im Spannungsfeld von Nationalismus und
Weltenkette Revue passieren und fragt nach Konsequenzen in der Gegenwart. Zudem widmet er sich
der Errichtung des Denkmals für den Sozialphilosophen Josef Popper-Lynkeus und beschreibt die
von diesem initiierte Nährpflicht-Bewegung. Als internationale Beiträge bringen wir einen
Bericht über die vom NS-Regime angelegte Freimaurer-Datei im Reichsicherheitshauptamt. Seine
Suche nach der viele Jahrzehnte lang verschollenen Kartothek beschreibt der norwegische
Historiker Helge Bjørn Horrisland. Aus Belgrad steuert Slobodan Markovich einen Artikel über
den dortigen Freimaurer-Kongress von 1926 bei der durch den Bruderkuss zwischen Leo Müffelmann
und Arthur Groussier in die Geschichte einging. Jaap Sadilek fasst über 300 Jahre
Freimaurer-Geschichte in den tschechischen und slowakischen Gebieten zusammen. Aus dem
Blickwinkel der Kunst interpretiert Ruth Mateus ihre Portraitzeichnung des britischen
Literatur-Nobelpreisträgers Rudyard Kipling und sein Gedicht If. Ein Update seiner Forschung
zur Geschichte der Loge Lessing zu den drei Ringen liefert Andreas Nader der zuletzt 2018 an
dieser Stelle über die Grenzlogenzeit schrieb. In der ebenfalls neuen Rubrik Kunst findet sich
der erste Teil eines monumentalen Artikels über freimaurerische Musik von Maximilian Fröschl
und Günter Thomasberger der im kommenden Jahrbuch seinen Abschluss finden wird. (Aus dem
Vorwort der Redaktion)