Kommt es - wie etwa alljährlich anläßlich der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration in Berlin -
durch das unfriedliche Verhalten einer Menschenmenge in der Öffentlichkeit zu Schädigungen
fremder Rechtsgüter so wird damit stets auch die Frage nach einer Einstandspflicht des Staates
für Tumultschäden aktuell. Sie stellt sich für die Geschädigten um so drängender als die
Leistungspflicht der Versicherer durch Ausschlußklauseln in den Allgemeinen
Versicherungsbedingungen regelmäßig ausgeschlossen ist und sich ein konkreter Schädiger den
man deliktisch haftbar machen könnte nur selten identifizieren läßt. Indessen kommt nach der
geltenden Rechtslage auch eine Haftung des Staates für Tumultschäden kaum in Betracht. Eine
Haftung nach den allgemeinen staatshaftungsrechtlichen Anspruchsinstituten scheidet im
Regelfall aus da es an einem pflichtwidrigen Verhalten der Polizei fehlt. Aufgrund der
Eigengesetzlichkeiten kollektiven Handelns ist es der Polizei aus tatsächlichen Gründen nicht
möglich rechtzeitig gegen die Gewalttäter einzuschreiten und ein Übergreifen der
Gewaltbereitschaft zu verhindern. Die nur noch in einigen Bundesländern als Landesrecht
fortgeltenden Regelungen des Reichstumultschädengesetzes aus dem Jahre 1920 helfen den
Geschädigten ebenfalls nicht weiter weil unfriedlich verlaufende Demonstrationen im Normalfall
noch nicht als innere Unruhen anzusehen sind und eine Entschädigung für Sachschäden überdies
nur bei Existenzgefährdung in Betracht kommt. Da der Staat im Falle von Tumultschäden jedoch in
seiner Grundaufgabe und Verpflichtung die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten versagt
hat ist der Gesetzgeber zu einer Neuregelung des Tumultschädenrechts auf rechtsstaatlicher
Grundlage verpflichtet. Die Verfasserin entwickelt deshalb einen Gesetzesvorschlag der die
Tumultschädenhaftung nicht als sozialstaatliche Billigkeitshaftung sondern - ebenso wie der
französische Gesetzgeber - als rechtsstaatliche Garantiehaftung ausgestaltet.