Woher kommt wohin treibt die Türkei? Vom europäischen Istanbul bis ins wilde Kurdistan ist
Necla Kelek gereist an traumhafte Küsten und durch die majestätische Bergwelt Anatoliens und
hat ein Land vorgefunden dessen Geschichtsträchtigkeit und Schönheit sich kaum ein Reisender
entziehen kann die Bewohner des einstigen osmanischen Weltreichs aber wirken seltsam unbehaust
heimatlos als trieben sie auf einem Floß durch eine ihnen fremde Welt. In Ankara erlebt Necla
Kelek wie ihr Lieblingsonkel ein Mann der Republik zu Grabe getragen wird und mit ihm die
Vorstellung aus der Türkei ein Land im Geiste Europas zu formen. »Wir sind mit der Geschichte
im Reinen« verkündet Präsident Gül. »Unsere Religion ist ohne Fehler« sagt Ministerpräsident
Erdogan. Bis heute ist der Genozid an den Armeniern ein Tabu immer noch verbergen sich
Christen hinter Mauern um ihren Glauben leben zu können. Vom Selbstbehauptungswillen der alten
Eliten erzählt Keleks Begegnung mit einem Militär vom Aufstieg der neuen Macht ihr Besuch beim
Amt für Religion einer milliardenschweren »Missionsbehörde«. Befremdet registriert sie in
ihrer ostanatolischen Kindheitsheimat dass die Öffentlichkeit frauenlos geworden ist -
ausschließlich Männer beherrschen das Straßenbild. Sie erzählt von dem Leben einer
erfolgreichen Fabrikdirektorin die - weil unverheiratet - von ihrem Teejungen kontrolliert
wird aber auch von vielen die sich nicht abfinden wollen mit der neuen islamischen Leitkultur
- wie der Bauchtänzer vom Bosporus die Frauen die gegen Ehrenmorde kämpfen der
Polizeioffizier mit dessen Hilfe die Autorin eine junge Kurdin mit deutschem Pass aus den
Fängen ihrer Familie befreit. Keleks Bericht aus dem Inneren der Türkei deckt unter der
Oberfläche eines modernen Landes die Zerklüftungen auf die zerrissenen Mentalitäten die
politischen Widersprüche die sozialen Brüche in die die Republik zunehmend gerät. Woher kommt
wohin treibt die Türkei?