Ein Handlungsreisender kehrt für einen Tag auf die Insel seiner Kindheit zurück um
Armbanduhren zu verkaufen. Bis ins letzte Detail hat er seinen Arbeitstag geplant bevor am
Abend sein Schiff ablegt. In seiner Tasche verwahrt er eine jener Hanfschnüre die er seit
jungen Jahren sammelt. Plötzlich verschwindet unter ungeklärten Umständen ein dreizehnjähriges
Mädchen. Als man ihren leblosen Körper am Fuß einer Steilküste entdeckt entspinnen sich wüste
Spekulationen: Während die Mutter des Mädchens an einen Unfall glaubt bemüht sich der
Handlungsreisende um ein Alibi. Doch aller Sorgfalt und Genauigkeit zum Trotz gibt es Lücken in
seiner Erinnerung ... Mit kühler Distanz beobachtet der Reisende seine Mitmenschen
protokolliert gewissenhaft Uhrzeiten Verkaufszahlen und Ereignisse seines Aufenthalts. Sobald
jedoch eine weibliche Figur die Szene betritt blitzt eine gewisse Anspannung in ihm auf und
bringt seine mühsam zusammengetragenen Koordinaten in Unordnung. Alain Robbe-Grillet ist ein
Meister der Beschreibung. In Der Augenzeuge erhebt er diese zum wichtigsten Prinzip und
verabschiedet sich dezidiert von jeglicher linearen Erzählweise und psychologisch eindeutigen
Figurenzeichnungen. Spätestens mit Die Jalousie oder die Eifersucht (1957) galt er als
Erneuerer der Romanform und einer der wichtigsten Autoren seiner Zeit. 2004 wurde er in die
Académie française gewählt. Dieses Buch ist Teil der Reihe: Französische Bibliothek . Sie ist
in Zusammenarbeit zwischen der Académie de Berlin und dem Suhrkamp Verlag entstanden. Gemeinsam
wollen sie auf bedeutende aber fast vergessene Werke der modernen französischen Literatur
aufmerksam machen - die Französische Bibliothek soll dazu als Kompass dienen und als Anregung
sich immer wieder aufs Neue für französische Literatur in deutscher Sprache zu begeistern.