Bewegende Geschichte einer jungen Frau in einer tragisch scheiternden Ehe Wessen Schuld ist es
wenn aus Liebe Lieblosigkeit wird aus Leidenschaft Wahn aus Begehren Überdruss? - Sofja
Tolstajas Roman zeichnet das differenzierte Porträt eines mehr und mehr sich entfremdenden
Paares. Mit diesem überraschenden Fund hier in deutscher Erstübersetzung tritt die Autorin
aus dem Schatten ihres weltberühmten Ehemannes. Dass hochbegabte Frauen im Schatten
hochbegabter Männer stehen ist nichts Außergewöhnliches. Dem Angebeteten zuliebe leisten sie
Verzicht werden im besten Fall zu Musen im schlechtesten zu Haushälterinnen. Dies ist auch
das persönliche Schicksal der Sofja Tolstaja (1844-1919) nachzulesen in ihrer «Kleinen
Autobiographie» von 1913 die in diesem Band enthalten ist. Über Jahrzehnte hinweg war sie
ihrem Mann dem berühmten Tolstoi treue Gefährtin verständige Erstleserin und Kritikerin
seiner Werke Schreibkraft «Ehefrau im althergebrachten Sinne» (nach Tolstois eigenem
Bekunden) und nicht zuletzt Mutter von dreizehn gemeinsamen Kindern. Niemand konnte ahnen dass
sich hinter der Frau an Tolstois Seite eine exzellente Schriftstellerin verbarg hatte sie doch
ihre erste Erzählung vor der Hochzeit verbrannt. Fünfundsiebzig Jahre nach Tolstajas Tod aber
machte man in ihrem Nachlass einen Sensationsfund. «Eine Frage der Schuld» handelt von der
fatalen Entfremdung zwischen Eheleuten. Mit psychologischer und stilistischer Finesse schildert
die Autorin wie bohrende Eifersucht erst das Vertrauen zerstört und dann die beidseitige
Achtung. Im Gegensatz zur frauen- und lustfeindlichen «Kreutzersonate» Tolstois als dessen
Gegenstück Tolstajas kleiner feiner Roman angelegt ist erfahren hier beide Seiten
Gerechtigkeit. Mit «Eine Frage der Schuld» ist eine Autorin zu entdecken die fortan einen
eigenen Rang und Namen in der Weltliteratur beanspruchen kann.