Die Lage unserer Nation spiegelt sich im Schicksal der Stadt Berlin. Diese Bemerkung von Helmut
Kohl im Juni 1983 ist nur eine von unzähligen Bemerkungen aus Politik Wissenschaft und
Publizistik die eine Verbindung zwischen der Stadt Berlin seiner Mauer und der Deutschen
Frage herstellen. Nach 1945 bezeichnete sie die Frage der Teilung Deutschlands und ihrer
Überwindung die Fragen zu wem und wohin die Deutschen gehören und wie sie ihre eigene
kollektive Identität mit der Gestaltung Europas verbinden. Berlin spiegelt als Schaufenster der
Systemkonkurrenz die Entwicklung in Deutschland Europa und der Welt nach 1945 wider. Berlin
war der Ort an dem die deutsche Teilung für alle sichtbar war der wie kein zweiter durch
seine bloße Existenz die ungelöste Deutsche Frage symbolisierte. So wurde Berlin in der
Literatur der Nachkriegszeit vor allem aber seit dem Mauerbau vom 13. August 1961 zu dem Ort
um sich mit der deutschen Teilung zu beschäftigen. Auch nach der Öffnung der Grenze am 9.
November 1989 musste die Stadt als Projektionsfläche für jedermann herhalten. Sie wurde zur
'Werkstatt der Einheit' zur 'Drehscheibe zwischen Ost und West' zum Energiezentrum einer nach
ihr benannten Republik. Daher konzentrieren sich ebenfalls die gesellschaftliche und
wissenschaftliche Aufarbeitung von NS- und DDR-Geschichte auf die neue (alte) Hauptstadt. Auch
dem deutschen Film diente die Stadt seit der Weimarer Republik zur Herausbildung zahlreicher
Topoi und heute ist sie wieder Deutschlands filmreifste Kulisse. Das hilft erklären warum
auch die bundesdeutschen Grenzfilme nur selten an der 'grünen' innerdeutschen Grenze weit
häufiger aber in Berlin und an seiner Mauer spielen. Die Berliner Mauer: das war die in
mehreren so genannten 'Generationen' um die drei alliierten Westsektoren der Stadt gebaute
Grenzbefestigung. Nach über 28 Jahren und zwei Monaten fiel sie infolge ihrer Öffnung dem
Abriss und der Musealisierung anheim. Weit wichtiger als ihre technischen Daten und ihre
Geschichte erscheint aber ihre symbolische Bedeutung als innerstädtische nationale und globale
Scheidelinie zwischen West und Ost Kapitalismus und Sozialismus Freund und Feind. Aus der
Perspektive europäischer Politiker war sie ein Symbol der Teilung Deutschlands und Europas in
globaler Sichtweise die zu Beton erstarrte Frontlinie des Kalten Krieges. Hergeleitet aus
dieser welthistorischen Bedeutung der Deutschen Frage und der Berliner Mauer analysiert die
vorliegende Studie ihre symbolische Verbindung im bundesrepublikanischen Spielfilm von 1982 bis
2008. Konkret heißt dies zu fragen: Welche Nationsverständnisse verknüpfen die Filme mit der
Mauer? Wird eine gesamtdeutsche Nation oder werden mehrere Teilnationen ausgedrückt und welche
Lehren ziehen die Filme daraus? Werden in synchroner und diachroner Perspektive Ähnlichkeiten
und Unterschiede zwischen ihnen deutlich? In welchem Verhältnis stehen die Filmdarstellungen zu
den damaligen politisch-kulturellen Vorstellungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen und
welche Gründe sind für etwaige Abweichungen zu suchen?