Mit seinem doppelten Beitritt zur EU und NATO 2004 schien Estland seine außen- und
sicherheitspolitischen Fundamentalziele erreicht zu haben. Doch was folgte danach? Welche
Faktoren bestimmten Estlands neue Interessen und mit welchem Mitteln gelingt es einem kleinen
Staat mit begrenztem Handlungsrahmen seine Präferenzen in der EU zu artikulieren und
umzusetzen? Jana Podßuweit ordnet ihre Untersuchung zunächst in den Kontext der
Kleinstaatentheorie ein und entwickelt auf dieser Basis Hypothesen die sie an Fallbeispielen
prüft. Sie lokalisiert zwei Felder in denen Estland von 2004 bis 2008 besondere
außenpolitische Aktivität entwickelte. Estland hat sich im Rahmen der Europäischen
Nachbarschaftspolitik einer Region zugewandt die eine völlige Neuausrichtung seiner
Interessenfelder bedeutete. Nach seiner weitgehend erfolgreichen De-Sowjetisierung und
Transformation versuchte Estland nun die Entwicklung anderer postsowjetischer Länder zu
beeinflussen. Ähnliche Aktivitäten wenn auch mit weniger Fortune hat Estlands Regierung in
seiner Werbung für eine gemeinsame europäische Energiepolitik unternommen. Der Bau der Nord
Stream-Ostseepipeline zwischen Russland und Deutschland hat nicht nur Versorgungsdependenzen
sondern auch alte historische Traumata offengelegt. Mit welchen Mitteln Estland den Bau der
Unterwassergasleitung zu verhindern versuchte untersucht die Autorin in einer zweiten
Fallstudie. Das Buch bietet einen theoriegeleiteten Zugang zu einem Kleinstaat in der EU der
nach dem Beitritt eine Neuausrichtung seiner außenpolitischen Interessen vornehmen musste und
damit als Beispiel für andere Neumitglieder der Union dienen kann.