In der Harzer Touristenstadt Wernigerode liegt die Mahn- und Gedenkstätte Veckenstedter Weg
die sich etwas abseits des historischen Stadtkerns zwischen einem Wohn- und Industriegebiet
befindet. Sie erinnert an das Buchenwald-Außenkommando Richard. In diesem Konzentrationslager
hielt die SS von März 1943 bis Ende Dezember 1944 permanent zwischen 800 und 1000 Menschen
inhaftiert um die damals in Wernigerode beheimateten Rautal-Werke mit Arbeitskräften für ihre
Aluminiumgussproduktion zu versorgen. Auf dem ca. 20 000 Quadratmeter großen
Gedenkstättengelände sind noch heute in Gestalt von vier großen Baracken durchaus aussagestarke
historische Artefakte dieses Lagers erhalten geblieben. Sie vermitteln in Verbindung mit einem
aufgestellten Wachturm und der Stacheldrahteinzäunung einen scheinbar authentischen Eindruck
des historischen Ortes. Um einer angemessenen Deutung der Nachgeschichte den Weg zu bereiten
wird zunächst die faktenbasierte Geschichte des Buchenwald-Außenkommandos Richard und seiner
roten Kapos rekonstruiert. Es wird zwar auch die Geschichte des Außenkommandos in ihren
Grundelementen ausgeleuchtet um seinen Stellenwert als Ort des NS-Terrors zu bewerten. Der
Schwerpunkt liegt indessen darauf die wahre Rolle der Kapos im Außenkommando Richard zu
untersuchen. In diesem Kontext wird mehreren Gewalt- Denunziations- und Tötungsvorwürfen
nachgegangen mit denen die roten Kapos des Außenkommandos in Verbindung standen. Mit den
Erkenntnissen aus der Realgeschichte des Außenkommandos wird im anschließenden Hauptteil der
Arbeit zunächst der Blick auf dessen Nachgeschichte zwischen 1945 und 1969 in der Stadt
Wernigerode gerichtet. Zwar soll auch der Weg der KZ-Baracken von 1945 bis zum Jahr des
Beschlusses zur Gründung einer Gedenkstätte 1969 skizziert werden. Von zentralem Interesse ist
jedoch aufzuschlüsseln wie sich die Widerstandsgeschichtsschreibung der SED vor der
Gedenkstättengründung auf regionaler Ebene konstituierte um in dieser die Bedeutung des
Außenkommandos Richard und seiner kommunistischen Häftlinge zu verorten. Ein zweiter
Erzählstrang nähert sich parallel dazu der zweiten Geschichte von Hugo Launickes KZ-Haft
zwischen 1945 und 1969 bei den überregionalen Organen der SED-Herrschaft. Denn Launicke war vor
der Gedenkstättengründung bei der SED keineswegs als Organisator des Widerstands im
Außenkommando bekannt. Vielmehr war sein Verhalten als Kapo bis 1961 Gegenstand mehrerer
geheimpolizeilicher Ermittlungsverfahren deren Verlauf es auszuleuchten gilt. Dies führt zu
der Frage aus welchen Gründen dann in den 1970er-Jahren in Wernigerode eine Gedenkstätte
errichtet wurde die den Widerstand der kommunistischen Häftlinge des Außenkommandos
glorifizierte.Die Arbeit skizziert abschließend wie das Altenheim zwischen 1969 und 1975 in
eine der größten Mahn- und Gedenkstätten der DDR umgewandelt wurde und im Nachgang dieses
Transformationsprozesses auch Hugo Launicke zu einer Ikone des kommunistischen Widerstands
avancierte.