»Wie die Pest ist das Theater eine Krise die mit dem Tod oder der Heilung endet. Und die Pest
ist ein höheres Leiden weil sie eine vollständige Krise ist nach der nichts übrig bleibt als
der Tod oder eine Läuterung ohne Maß. So ist auch das Theater ein Leiden denn es stellt das
höchste Gleichgewicht dar das nicht ohne Zerstörung erreichbar ist. Es lädt den Geist zu einer
Raserei ein die zu einer Steigerung seiner Energien führt und schließlich kann man sehen
dass vom menschlichen Standpunkt aus die Wirkung des Theaters wie die der Pest wohltuend ist
denn indem sie die Menschen dazu bringt sich zu sehen so wie sie sind lässt sie die Maske
fallen deckt sie die Lüge die Schwäche die Niedrigkeit die Heuchelei auf sie schüttelt die
erstickende Trägheit der Materie die sogar der klarsten Gegebenheiten der Sinne sich
bemächtigt und indem sie den Kollektiven ihre düstre Macht ihre verborgene Stärke offenbart
fordert sie sie auf angesichts des Verhängnisses eine überlegene heroische Haltung
einzunehmen zu der sie ohne sie niemals gefunden hätten.Und nun erhebt sich die Frage ob sich
auf dieser Welt die dahinschlittert und sich selbst umbringt ohne dass sie es merkt eine
Zelle von Menschen finden wird die imstande sind diese höhere Vorstellung vom Theater
durchzusetzen die uns allen die natürliche und magische Entsprechung der Dogmen wiedergeben
wird an die wir nicht mehr glauben.«Antonin ArtaudDie Auswahl enthält vier Texte von Antonin
Artaud aus dem Buch Das Theater und sein Double (»Das Theater und die Pest« »Für ein Theater
der Grausamkeit« das 1. und 2. Manifest zum Theater der Grausamkeit und die Briefe über die
Grausamkeit) sowie Texte von André Breton Jerzy Grotowski Heiner Müller und Anaïs Nin über
Antonin Artaud.1938 erschien Artauds Aufsatzsammlung »Le théâtre et son double« bei Gallimard.
Die erste Veröffentlichung seiner Schriften zum Theater beeinflusste die Theaterwelt des 20.
Jahrhunderts nachhaltig. Künstler wie Peter Brook Jerzy Grotowski das Living Theatre oder
Sarah Kane griffen die Konzepte Artauds in ihren Werken auf er gilt heute als einer der
Urväter des Performancetheaters.»Ein wirkliches Theatererlebnis stört die Ruhe der Sinne auf
setzt das komprimierte Unbewusste frei und treibt zu einer virtuellen Revolte. Für Artaud war
Theater das Äquivalent für das was in archaischen Gesellschaften Ritus Kult Schamanismus
Magie oder Feste waren. Artaud hatte versucht die antike Tragödie neu zu beleben er wusste
noch nicht dass seine Ideen eines entliterarisierten Theaters zu Kunstformen wie Aktionismus
Performance und Fluxus führen würden.« Jürgen Weber versalia.de»Artaud die Sprache der Qual.
Auf den Trümmern Europas gelesen werden seine Texte klassisch sein.« Heiner Müller