Befragt was er täte wenn er für einen Tag die Weltherrschaft in Händen hielte antwortet
Ulrich der Protagonist in Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften:Es würde mir nichts
übrig bleiben als die Wirklichkeit abzuschaffen. Von der Wirklichkeit kann sich so scheint es
jeder sein Urteil bilden jeder kennt sie weil er mit ihr ohne Zutun konfrontiert ist. Sie ist
das Allgegenwärtige jeder Existenz und wird dennoch - oder deshalb? - nur selten als
Alltagsphänomen betrachtet. Was wirklich wirklich ist hat scheinbar erst auf der Ebene
philosophischer Reflexion Relevanz. Wie verhält es sich da erst mit den Imitaten des Realen
die - von der äußeren Wirklichkeit ausgehend - einzig im fiktionalen Raum medialer Vermittlung
bestehen? Handelt es sich dabei um genuine Spiegelungen der Realität um Interpretationen die
fremde Elemente mitführen oder um neue Perspektiven die das Vorhandene in eine andere Ordnung
bringen? Und wie steht es um die soziale Welt wo mit Verweis auf eine soziale Wirklichkeit
Konstrukte vorliegen die einen Realitätsanspruch implizieren der ihnen objektiv nicht gegeben
ist? Diese Fragen können zusammenfassend unter den Begriff der Wirklichkeitsrekonstruktion
subsumiert werden. Von dieser Warte aus läßt sich die Fiktionalisierung von Erkenntnissen und
Wahrnehmungen zu Sekundärerfahrungen ebenso überblicken wie die Konstitution von Konformität im
sozialen Normensystem die gleichsam auf die Realitätstüchtigkeit ihrer Prämissen abstellt.
Schließlich bietet sich an von hier aus auch die Struktur des Fiktionalen per se und die
Wandlungen der Realitätsabbildung im Außerrealen zu verfolgen. Vor dem Hintergrund der
Kritischen Theorie Theodor W. Adornos und der Wissenssoziologie Bergers und Luckmanns soll
gezeigt werden daß der Begriff Wirklichkeit mehr impliziert als seine objektive Erscheinung
oder eine konstruierte Faktizität im Gehirn des Betrachters: Wirklichkeit meint im Zeitalter
der umfassenden Fingierbarkeit der Welt vor allem ihre eigene Inszenierung.