Organschaft ist die steuerliche Lehre von der wirtschaftlichen Einheit mehrerer rechtlich
selbständiger Unternehmen. Doch die Einheit endet an der Grenze. Der doppelte Inlandsbezug für
Organgesellschaften und das Erfordernis eines Ergebnisübernahmevertrages machen eine
grenzüberschreitende Organschaft unmöglich. Aus steuerlicher Sicht verringert dieser Umstand
die Attraktivität eines Auslandsengagements deutscher Unternehmen die ihre Geschäftstätigkeit
über eine ausländische Tochtergesellschaft erweitern wollen: Die ausländischen
(Anlauf-)Verluste können nicht mittels Organschaft mit dem Gewinn der deutschen
Muttergesellschaft verrechnet werden. Da eine ertragsteuerliche Ergebniskonsolidierung somit
ausbleibt führt die Auslandsinvestition gegenüber einer Konzernerweiterung im Inland zu einer
insgesamt höheren Steuerbelastung. Im Fehlen einer grenzüberschreitenden Verlustverrechnung
sieht auch die Europäische Kommission schon lange ein Hindernis auf dem Weg zu einem
gemeinsamen europäischen Binnenmarkt. Diese Schlechterstellung der grenzüberschreitenden
Unternehmenstätigkeit steht in einem Spannungsverhältnis zur Niederlassungsfreiheit des
EG-Vertrages. Die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus aktuellem Anlass. Erst jüngst am
13.12.2005 hatte der EuGH speziell über die britische Regelung über die Beschränkung des
konzernweiten Verlusttransfers (group relief) auf Verluste inländischer Konzergesellschaften zu
entscheiden. Das Gericht befand dass es sich bei dieser Beschränkung nicht um einen Verstoß
gegen die Niederlassungsfreiheit handele soweit die Verluste ausländischer
Tochtergesellschaften in deren Sitzstaaten genutzt werden könnten. Dieser Spruch ist jedoch nur
in Teilen auf das deutsche Recht zu übertragen. Vor dem Hintergrund einer möglichen
Europarechtswidrigkeit hat Österreich seine der deutschen Organschaft entsprechenden Regelungen
bereits letztes Jahr angepasst. Ist dies auch hierzulande erforderlich? Der Autor untersucht
detailliert und akribisch die Frage ob und wie die deutschen Regeln der Organschaft gegen das
Primat des Europarechts verstoßen und entwickelt Regelungsalternativen für eine
europarechtskonforme Gruppenbesteuerung.